Bandol sur Mer
In den Räumlichkeiten des heutigen Bandol residierte einst die erste Döner-Bude von Berlin Mitte, Relikte des Dreh-Spießes und der ehemaligen Imbiss-Einrichtung sind noch immer existent. Designer Fred Rubin schuf aus dem Laden ein echtes Unikat: Offene Küche (da wo einst der Döner gegrillt wurde), an den Wänden pechschwarze Tafeln, auf denen die beiden aktuellen Menüs geschrieben stehen, 5 schlichte schwarze Tische mit eher schmucklosen Stühlen drumherm, schwarzer Boden und dazu Schrankverbauten extravaganter Herkunft, denn diese waren einst Originalbestand der Bar des Zentralkomitees der SED.
Ungewöhnlich ist auch der Koch – und das bezieht sich aufs Können gleichermaßen wie aufs Aussehen. Andreas Saul kommt mit abrasierten Haaren, überlangen Kinnbart, den fast schon obligatorischen Tätowierungen sowie unübersehbaren Ohren- und Nasenpiercings daher, lächelt freundlich und kocht dann in seiner gerade einmal 3 Quadratmeter kleinen Küchenzeile wie Gott in Frankreich – nur unkonventioneller, persönlicher und absolut geschmacksorientiert!
Die Erwartungshaltung der meisten Gäste, die französische Lokale aufsuchen, ist klarerweise eine andere, denn wer rechnet schon damit, dass in einer pechschwarzen Winzigbude von zwei Tätowierten Typen in dunklen Gewändern so gekocht wird? Und doch sind die Speisen hier der eigentliche Zauber – bunt, schrill, gewagt kombinierte Zutaten, klare Linien am Teller und ein kräftiger, konzentrierter Geschmack spiegeln die Mentalität der Küchenarbeiter und das neue Berlin wider. Und in diesem Berlin darf man auch ganz unbescholten das Bier schon mal aus der Pulle trinken.
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