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Restaurant Borchardt

Restaurant
Schnitzel-Lokal der Berliner Szene

Es gibt viele geschichtsträchtige und viel beachtete Lokale in Berlin und insbesondere rund um den Gendarmenmarkt. Aber kaum eines hat mehr Geschichte, mehr Flair und mehr Prominenz als das „Borchardt“ in der Französischen Straße – und weil man schon mal in der Französischen Straße etabliert ist, wird hier auch vornehmlich französisch gekocht, mit feinen internationalen (vor allem mediterranen) Akzenten. Doch berühmt ist das Lokal für sein "Wiener Schnitzel", welches für Wiener eher ein "Figlmüller-Schnitzel"; denn ein echtes oder gar "originales" Wiener Schnitzel darstellt. Besonders erwähnenswert ist allerdings die sehr feine Gänseleberpastete.

Gegründet wurde der illustre Feinschmeckerort im Jahr 1853 von einem gewissen August Friedrich Wilhelm Borchardt als Feinkost- und Kolonialwarenladen, Weinhandlung und Weinstube. Zudem setzte der Jungunternehmer auf etwas, das für die damalige Zeit neu war, nämlich jenes Speiseverschicken, das wir heute als Catering kennen. Seine Karriere verlief brillant und schon bald wurde er zum Hoflieferanten von Königen, Zaren und sogar Scheichs.
Während fast ganz Berlin nach dem zweiten Weltkrieg dem Erdboden gleichgemacht war, so blieb der Stammsitz der Familie Borchardt in der französischen Straße wie durch ein Wunder nahezu unbeschädigt – dennoch war das Lokal noch bis 1948 geschlossen.
Am 16. November 1948 eröffneten in Berlin zwei sogenannte „freie Gaststätten“ (hier konnte man ohne Abgabe von Lebensmittelmarken essen – allerdings zu entsprechend hohen Preisen), eines davon war das Borchardt. Zu DDR Zeiten verkam das edle Lokal dann durch Misswirtschaft der HO (in deren Besitz ging das Lokal über) zunächst zu einem zweitklassigen Fischlokal, danach wurde es ein Jungendclub, schließlich eine Imbissbude für Bauarbeiter. 1990 kam mit der politischen Wende das endgültige Aus und die ehrwürdigen Räumlichkeiten dienten nur mehr als Lagerhalle.
Der Wiedereröffnung ging eine sorgfältige Renovierung voraus, wobei der alte Glanz zu neuem Leben erweckt wurde. Um vier raumhohe Marmor-Säulen gruppieren sich Sitzecken und –nischen im schlicht-eleganten Bistro-Stil. Gleich links vom Eingang legten die Restaurateure ein wunderschönes Mosaik frei, das eine stattliche Bedienerin im antik-griechisches Gewand zeigt und mehr als 40 Jahre hinter einer Mauer verborgen war. Die hohen Fenster in der Rückwand gehen zu einem Innenhof, der im Sommer als Terrasse genutzt wird. Am 5 März 1992 eröffnete dann Roland Mary das neu erstrahlte Lokal und bietet seit dem das altbewährte französische Küchenkonzept an, wobei bis heute die Meeresfrüchte (vor allem Austern) und Grillgerichte den Fixpunkt der Karte bilden. Hinzu kommt der Hausklassiker „Wiener Schnitzel mit Kartoffelsalat“.
Wenn heute das Borchardt berühmt für sein Wiener Schnitzel ist, so war das hier in früheren Zeiten das Schnitzel à la Holstein, dessen Rezeptur im Borchardt kreiert wurde. Das Schlemmerschnitzel verdankt seinen Namen dem Geheimrat Friedrich Holstein (1837 - 1909), einer einflussreichen „Grauen Eminenz“ am preußischen Hof, der sehr öffentlichkeitsscheu lebte und nicht ganz unbeteiligt am Sturze Bismarcks gewesen sein soll. Der geheime Geheimrat soll ein Genießer gewesen sein, der aber nie Zeit zum Genießen hatte und so wollte er angeblich „Vorspeisen und Hauptgericht auf einmal serviert bekommen“ und somit das nach ihm benannte Schnitzel selbst kreiert haben. Eine andere Legende besagt, dass die Küche des Borchardt aus Zeitnot eigenständig gehandelt haben soll. Wie auch immer das war: das Schnitzel Holstein ist eine Kreation aus dem Borchardt und hat nichts mit der Landschaft Holstein zu tun.

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