Die Legende(n) von den Salzburger Nockerln

Der berühmteste Mehlspeistraum aus Salzburgs Küchen sind mit Sicherheit die herrlich duftigen „Salzburger Nockerln“. In der Operette „Saison in Salzburg" von Fred Raymonds heißt es: „Süß wie die Liebe und zart wie ein Kuss.“
Eine Legende berichtet von einem gewissen Salzburger Fürsterzbischof namens Wolf Dietrich von Raitenau, der sich liebend gerne von seiner Geliebten Salome Alt mit ihren offenbar wunderbaren „Salzburger Nockerln“ verwöhnen ließ. Immerhin fünfzehn Kinder sind aus dieser Liaison hervorgegangen, was dafür sorgte, dass den Salzburger Nockerln wahre "Wunderkräfte" zugesprochen wurden. Wolf Dietrich von Raitenau konnte die Verbindung zwar nicht legalisieren, revanchierte sich aber standesgemäß: er schenkte seiner geliebten Salome das berühmte Schloss Mirabell.
Eine andere Geschichte, die sich um die Salzburger Nockerln rangt, hat für allerlei Verwirrung gesorgt: Einige Kulturhistoriker versuchen doch tatsächlich glaubhaft zu machen, dass es zu Zeiten des Herrn Raitenau, also Ende des sechzehnten Jahrhunderts, noch gar nicht möglich gewesen sein soll, den goldgelben Traum herzustellen, da er ja im Backofen (mit regulierbarer Hitze) zubereitet werde – und diesen gäbe es erst seit Anfang des 19. Jahrhunderts. Nun den Herren Kulturhistorikern sei an dieser Stelle versichert, dass Hr. Raitenau tatsächlich keine im Ofen gebackenen Nockerln genossen hatte, sondern das weitaus schwieriger herzustellende Originalrezept; dieses wird nämlich nicht im Ofen, sondern in der Pfanne zubereitet.
In der einschlägigen Kochbuchliteratur findet man noch viele Varianten für Salzburger Nockerln, so berichtet z.B. Conrad Hager von „echten“ Salzburger Nockerln, welche aus einem Brandteig einem Auflauf ähnlich hergestellt werden: " ... Aus einem Brandteig wurden mittels eines Löffels kleine Nocken ausgestochen, diese dann in kochende Milch eingelegt. Nach dem Garen wurden die Nockerln mit Eidotter und Obers übergossen im Ofen gebräunt und mit Zucker bestäubt serviert. ..."
Die berühmte Grazer Kochbuchautorin Prato wiederum schichtet den Abtrieb aus 70g Butter, 4 Dottern, 1Kl Mehl, 1 El Zucker und dem Schnee von 4 Eiklar in eine Kasserolle, in welcher der Boden mit Butter und siedender Milch gerade bedeckt ist. Wenn die Masse lichtbraun gebacken ist, sticht sie mit einem Löffel kleinere Nocken aus und legt sie in einer Schüssel übereinander. Mit Staubzucker betreut schmeckt auch diese Variante hervorragend.
Im Laufe der Zeit konnte sich eine etwas weniger aufwendige Version der Nocken allgemein durchsetzen, nämlich die im Ofen gebackene, welche heute allgemein als "Salzburger Nockerl" aufgetischt wird, wenn von selbigen die Rede ist (siehe Foto). Damit ist die geradezu „himmlische“ Originalversion aus der Pfanne - welche so einzigartig duftig-flaumig schmeckt und sicherlich ein Höhepunkt österreichischer Patisserie-Kunst ist - von den Speisekarten des Landes (leider) verdrängt worden; schade eigentlich ...
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