Boscarin Rinder
Dem geneigten Leser wird sicher nicht entgangen sein, dass gerade vom Boscarin-Rind die Rede war. Es handelt sich hierbei um eine autochthone, Jahrtausende alte Rinderrasse Istriens, die allerdings (leider) vom Aussterben bedroht ist – und das obwohl es eine selten gute Fleischqualität liefert, die vergleichbar mit der vom italienischen Chianina-Rind ist. Bis vor wenigen Jahrzehnten zogen noch mehr als 50.000 Boscarin-Rinder über die istrianischen Felder, heute sind es nurmehr einige hundert Stück. Eine kleine Herde hütet beispielsweise ein gewisser Mario Gasparini in Fabci - er erzählt verschmitzt: "Bei Mario ist alles "naturale". Keine künstliche Befruchtung sondern "pompare", wie eh und je!". Das Fell der mächtigen Tiere ist milchigweiß und die mächtigen leierförmigen Hörner erinnern ein wenig an den mythologischen Vorfahren Minotaurus; aus diesem Grund ist es in Istrien auch Tradition, die Spitzen der Hörner mit einem Messingknopf zu verzieren (was zudem gröbere Verletzungen verhindert). Grund des Rückgangs ist der Umstand, dass das Boscarin früher als reines Zugtier eingesetzt wurde, so zogen Vorfahren der heutigen Rinder unter anderem Marmor, Granit und Eichen-Holzstämme an Meer, die anschließend nach Venedig verfrachtet wurden. Heute erledigen Maschinen derartige Arbeiten und das ehemalige Nutztier wurde als „nutzlos“ eingestuft. Doch vor kurzen erkannte man die herausragende Fleischqualität dieser Tiere, was immerhin dazu führte, dass die vom Aussterben bedrohte Rasse – die übrigens ein Vorfahr des Ungarischen Steppenrinds ist – heute überhaupt noch existiert. Während in Italien und Österreich schon seit längerem bekannt ist, dass die Zucht alter Rinderrassen durchaus ein einträgliches Geschäft sein kann, so hat sich diese Erkenntnis in Istrien noch nicht flächendeckend herumgesprochen. Dabei ist so eine Bistecca Fiorentina vom Boscarin-Rind ein fleischlicher Hochgenuss, der sich nicht hinter seinem italienischen Pendant aus der Toscana zu verstecken bräuchte; vom einzigartigen Gulasch, das aus seinem Fleisch hergestellt wird ganz zu schweigen. Und derartige Genüsse können mit gutem Gewissen verspeist werden, denn schließlich hängt das Überleben der Rasse nicht zuletzt auch davon ab, wie intensiv sie genutzt wird.
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