Toskana
Es sind die immer gleichen Postkartenmotive, die Toskana-Reisende in die Heimat zurück schicken: Sanfte Hügel in pastell- oder sattgrün, auf deren Kuppen stolz die Zypressen thronen – so als ob sie jemand mit einem Lineal abgemessen und zentimetergenau hintereinander gepflanzt hätte. Der Himmel stahlblau, der Klatschmohn knallrot. Das Frappierende daran ist, dass diese Motive keine seltenen Glücksschüsse sind, sondern dem Reisenden – sofern denn das Wetter mitspielt – an jeder Ecke in einer schieren Panorama-Ansicht geboten werden. Doch als sei die Lanschaftsästhetik allein nicht schon die Reise wert, gesellen sich zahllose kulinarische Genüsse zu den fast surreal erscheinenden Momenten im Freien hinzu. In den kleinen Bergdörfern, die wie Schwalbennester in den grünen Berghängen klemmen, servieren Pizzerien, Trattorien und kleine Bars toskanische Hausmannskost, die für den geschmacksorientierten Toskana-Neuling die bezaubernde Landschaft fast zur Randnotiz verkommen lässt.
Unkompliziert präsentiert sich die toskanische Küche, lebt von ihren frischen Zutaten, ist einfach und rustikal, aber keineswegs langweilig. Hier sorgen die regionalen Köstlichkeiten schlicht und simpel, frisch und gemäß der Saisonen (dank gilt der toskanischen Verbundenheit mit den bäuerlichen Traditionen) im Zusammenspiel mit dem berühmten Wein der Toskana für Genuss. So müssen lediglich die Aromen betont, der Eigengeschmack verfeinert werden. Dem feinen, ganz und gar vorzüglichen Olivenöl mit der besonderen fruchtigen Note kommt hier eine ganz besondere Bedeutung zu, die toskanische Küche lässt sich ohne diese Komponente kaum vorstellen. Ein Tipp: Wer in der Toskana urlaubt, der nehme sich doch bitte einen Sixpack des edlen Öls mit nach Hause. Reineres und grasig-wohlschmeckenderes Olivenöl findet man – so munkelt man – nirgendwo anders.
Wer die Toskana kulinarisch erforschen möchte, muss sich auf eine weite und lange Reise einstellen, denn jede Region hat ihre eigenen Trümpfe und lohnt sich, besichtigt und verköstigt zu werden: Von den Weideländern im Süden kommt der würzige Schafskäse Pecorino, an der Küste sind Fischspezialitäten wie die Fischsuppe Caciucco aus Livorno oder aber der schwarze Reis mit Tintenfischen (der Reis erhält seine markante Farbe von der Tinte des Fisches) zu empfehlen. Zum Landesinneren hin geht die Tendenz eindeutig ins Rustikalere, Herzhaftere über – wir sprechen von Fleischgenüssen, wie sollte es anders auch sein. Allen voran Rind, Schwein und Lamm, aber auch Wild und Kaninchen tummeln sich hier auf den Speisekarten in gar köstlichsten Kreationen. Häufig wird das Fleisch gegrillt, da in früheren Zeiten der Kamin die einzige Heizquelle war und somit auch zum Kochen verwendet wurde. Ob der toskanische Schinken, die toskanische Salami oder aber für die ganzen Hungrigen ein "Bistecca alla Fiorentina" - ein 800g Steak vom Chianina-Rind - das Fleisch der Toskana ist aromatisch und saftig und gar sicherlich Liebe auf den ersten Bissen.
Ein Muss für jeden Genießer ist auch – unbedingt probieren! – der Lardo – ein gereifter Speck, dessen durchgehend weiße Farbe bereits auf seinen fast 100-prozentigen Fettgehalt hinweist. Doch weil Fett eben auch Geschmacksträger ist, transportiert der Lardo das feine Aroma des Schweinespecks besonders in Kombination mit Weißbrot wie kaum eine andere Sorte Speck. Lardo ist in verschiedensten Qualitäts- und Preisklasse erhältlich. Spitzenreiter in allen Bereichen ist wohl der Lardo di Colonnata, der in einem kleinen Dorf nahe der Marmorbrüche von Carrara in großen Marmorsärgen mehrere Monate vor sich hin reift, bis er Gourmets aus der ganzen Welt mit seinem Aroma begeistert. Köstliche Weine wie der weltberühmte Chianti oder der gehaltvolle Brunello di Montalcino, Cantuccini, Ravioli, Parmesan, Wildschweingerichte,… Die Liste toskanischer Spezialitäten lässt sich noch weiter fortsetzen, nicht zu vergessen auch das ungesalzene Landbrot mit einer dicken Kruste, das für viele im ersten Moment keine echte Delikatesse darstellt – so salzgewöhnt wie manch europäischer Gaumen eben heutzutage bereits ist. Und zu guter Letzt der Klassiker für die Kleinigkeit zwischendurch – die toskanische Pizza, eine foccacia (toskanisches Fladenbrot) reichhaltig belegt mit Tomaten, Oliven und Käse.
Ein jeder hat's wohl bereits verstanden, betonen kann man es aber nicht oft genug: Die Toskana bietet wahrlich für jeden Geschmack eine Antwort, eine Lösung, kurz gesagt: ein Stückchen (kulinarische) Heimat.
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