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Litauen

Auch in Zeiten gastronomischer Freiheit behauptet sich die bodenständige, deftige Küche in Litauen
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Es gibt viele Gründe Litauen zu besuchen. Einer der längsten Strände in Europa, die höchsten Dünen, das Zentrum Europas, unzählige Seen, unberührte Nationalparks, Wälder, Wälder, Wälder... und nicht zuletzt die wunderschöne Kurische Nehrung, auf der sich bereits Thomas Mann und Maler wie Pechstein, Schmitt-Rottluff und Corinth zu Hause fühlten.

Und wenn auch Litauens Charme aus dem Kontrast zwischen den westlich orientierten modernen Städten und dem unberührten Land, in dem die Uhr seit ewigen Zeiten stehen geblieben scheint, rührt, ist Litauen doch weitläufig ein Bauernland, und so schmeckt es auch. Die traditionelle Küche ist bodenständig, deftig und ziemlich fett. Fleisch und Kartoffeln gehören zu jeder vollwertigen Mahlzeit, gern noch mit Sauerrahm (grietinė) verfeinert. Und wie überall im Baltikum wird auch in Litauen am liebsten warm aufgetischt. Der Tag beginnt oft schon mit Kartoffelpuffern, Eierkuchen oder Rührei. Gibt's nur kaltes Frühstück, dann wenigstens kräftig - mit Wurst, Fisch, eingelegten Pilzen, Käse. Dazu Tee (arbata) oder frisch in der Tasse aufgebrühten Kaffee (kava), was die Leute hier nicht „türkisch“, sondern „litauisch“ nennen.

Hauptmahlzeit aber ist das Mittagessen. Auf den Tisch kommt, was auf dem Acker wächst, im Garten gedeiht oder - nicht zu vergessen - im Wald gepflückt werden kann. Legendär ist die Leidenschaft der Litauer fürs Pilze- und Beerensammeln. Pilzgerichte (grybai), auf landestypische Art zubereitet, sind eine Delikatesse. Und noch eine Vorliebe wird Ihnen in Litauen nicht lange verborgen bleiben: Gern würzt man gekochte Kartoffeln mit Dill. Zu einem Mittagsmenü gehören neben dem Hauptgericht Vorspeise, Suppe (sriuba) und Nachtisch (desertas) - meist Eis (ledai), Kompott oder Kuchen.

Polnische und Russische Wurzeln

Die örtlichen Traditionen spielte in der alten litauischen Küche ebenso eine große Rolle wie solche aus Russland und Polen. Die Gerichte aus den östlichen Ländern kamen während der Zeit der „Goldenen Horde“ nach Litauen. Balandėliai (Täubchen = Kohlroulade), Koldūnai (Teigtaschen mit Fleischfüllung), Borschtsch (Rote-Beete-Suppe), Blini (Pfannkuchen aus Buchweizenmehl), Virtiniai (eine Ravioli-Art), Fischeintöpfe mit Gemüse und vieles mehr: Kulinarisch ist diese Geschichtsperiode aus Litauen nicht mehr wegzudenken.

Im Zeitraum vom 16. bis 18. Jh. verschmolz die litauische Küche dann mit der polnischen. Es entstand eine reichhaltige Küche, die sich in weiten Teilen Europas verbreitete. Lebensmittel wie Honig oder Wild übertrumpften sich gegenseitig in köstlichen Kreationen. Und in Elitenkreisen tischte man gar solche Besonderheiten wie gebratene Schwäne und geräucherten Rücken vom Bären auf. Im 19. Jh. verschwanden Gerichte der alten litauischen Küche in Litauen vollkommen, in der polnischen Küche waren sie dagegen zum Großteil fest verankert.

Heutzutage findet man in Litauen nur noch Fragmente der alten litauischen Küche. Die neue litauische Küche blieb bis zum 19. Jh. mit den nötigsten Produkten und Gerichten einfach. Trotzdem stand sie in Beziehung zur alten litauischen Küche, von der sie zum Beispiel die alten Räuchertechniken übernahm. Die Räuchertradition wurde weiterentwickelt, unterschiedliche Holzarten erfunden wie das langsame Räuchern. Auf diese Art formten sich verschiedene Räucherspeisen wie Wurst, Salo, Schinken, Räucherfisch usw.

In Litauen landen Zeppeline und Käse auf dem Teller

Ausgerechnet ein Luftschiff verhalf dem litauischen Nationalgericht zu seinem Namen. Zumindest in ihrer Form können die cepelinai, fleischgefüllte gekochte Kartoffelknödel, ihre Ähnlichkeit mit den guten, alten Zeppelinen auch nicht verleugnen. Cepelinai dürfen auf jeden Fall auf keiner litauischen Speisekarte fehlen. Je nach Region kennt jeder Koch, jede Köchin noch lokale Eigenarten und Kniffe, das Nationalgericht zu verfeinern, füllt die Knödel auch gern mal mit Käse, Quark oder Pilzen und serviert sie in einer Soße aus viel Schmand, Speck und Zwiebeln. Mit ihrem Namen steht Cepelinai vor allem für eines aber: die Kartoffelliebe der Litauer, kulinarisch die unangefochtene Nummer 1.

Den Superstarplatz streitig macht der Kartoffel in Litauen höchstens der Käse. Es gibt sowohl traditionelle harte Käsesorten als auch Obstkäse oder Räucherkäse, der auf eine besondere Art geräuchert wird, ja hunderte von Käsesorten führt das Land.

Weil doppelt besser hält ein zweifaches B: Brot & Bier

Das litauische Uressen ist das Roggenbrot. Dabei gibt es in Litauen außer der zahlreichen Brotarten (Kümmelbrot, Honigbrot, Kräuterbrot, Rosinenbrot usw.) auch noch eine Speise, die „Labas“ heißt. Das bedeutet auf Litauisch „Hallo“. Zum gebratenen Brot werden Sonnenblumenkerne, Knoblauch und Käse dazugegeben. Wenn es in der Welt etwas gibt, was zum Biertrinken besser passt, dann heißt es kaum anders.

Und apropos Bier: Einheimische Sorten, wie Kalnapilis und Baltijos, schmecken vorzüglich und bezeugen: Litauen ist ein Bierland. Das staatliche Tourismusbüro bietet sogar Brauereirundreisen („Beer-Trails“) an. Freunde des Gerstensaftes sollten einen Abstecher in den Norden des Landes nach Biržai einplanen. Litauens Bierhauptstadt veranstaltet jeden Sommer ein großes Bierfest. Wer es hochprozentiger liebt: Typisch für das grüne Land sind freilich seine Liköre (likeriai). Aber Vorsicht - ob fruchtig oder als würziger Honigmet (midus): Das Zeug hat's in sich!

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