Österreich
Es gibt bekanntlich viele Gründe dieses Land am Strome mit seinen unterschiedlichsten Landschaften zu lieben – einer davon ist sicherlich Österreichs Reichtum an Genüssen!
Im Westen kostet sich der Gourmand durch das Universum der Vorarlberger Schnäpse und Käse, genießt in Tirol Speck und deftige Almkost, labt sich an Salzburger Traditionsgerichten, kann in Oberösterreich auch beim 12ten Knödel noch nicht „nein danke“ sagen, lässt in Niederösterreich den Karpfen im Grünen Veltliner „schwimmen“, studiert dann ausgiebig den Wiener Wein und die Wiener Küche, schult seinen Gaumen mit den rustikal-bodenständigen Gaumenfreuden des Burgenlandes und sinniert in der Steiermark darüber nach, ob Schilcher oder Sauvignon blanc besser zur Klachlsuppe passen. Zu guter Letzt zerlässt er in Kärnten faustgroße Klumpen an Almbutter, um Zwiebeln für die Kärntner Nudel darin zu rösten und überlegt bei einem Ritschert mit herben Most (oder auch mal einem frischen Bier), welchen Genuss er noch erleben muss bevor er nach Osttirol weiterreist um sich an unverfälschten Traditionsgerichten zu delektieren.
Um zu verstehen, warum der authentisch österreichische Geschmack so pur, so rein und so überaus erfreulich mundet, sollte man sich zunächst einiger Grundlagen der hiesigen Küche bewusst werden. Das Schlichte und Einfache, welches die meisten ursprünglichen Gerichte so typisch kenn- und auszeichnet, lässt sich am einleuchtendsten historisch herleiten: Eine Landbevölkerung, die von Adel und Klerus dazu gezwungen wurde, sich auf das Mindeste zu beschränken, musste aus den wenigen Produkten, von denen sie genug hatten, ihre Versorgung sicherstellen.
Milch und Milchprodukte, Gemüse, Kräuter, Pilze und Getreide schenkte die Natur reichlich, auch Innereien – von den Herrschaften eher verpönt – standen zur Verfügung.
Doch Fleisch war sehr rar. Schweinfleisch überhaupt, denn in den meisten Landstrichen war nicht einmal das Gelände für die Schweinezucht geeignet. Wenn ein Hof schon Schwein hatte, so gab es an Schlachttagen ausnahmsweise frisches Fleisch, der Rest wurde konserviert und galt als rarer und wertvoller Leckerbissen (der dementsprechend sorgfältig behandelt wurde). Und neben Speck, Schinken und Geselchtem hat man das wertvolle Fleisch eben auch zu Würsten verarbeitet. All dies – und noch viel mehr – sind in heutiger Zeit wertvollste Säulen des Genusslandes Österreich!
Da die meisten Genüsse aber sehr regional beschränkt erhältlich sind, bleibt dem Genießer meist nichts anderes übrig, als die Köstlichkeiten im wahrsten Sinne des Wortes zu erfahren – man muss sich noch persönlich zum Produzenten hinbemühen und ihm Respekt zollen, will man sich an seinen delikaten Gaumenfreuden delektieren. Und das ist letztlich auch gut so, schmecken doch die Genüsse in ihrem regionalen Umfeld noch immer am Authentischsten und damit am Besten.
Wien:
Insbesondere die Küche der Bundeshauptstadt Wien stellt heute ein unglaubliches Kompendium typisch Österreichischer Rezepte dar, von denen einige weltberühmt geworden sind. Und bei etwas phantasievollerer Betrachtung der Landkarte fällt auf, dass sogar der Grundriss von Wien einem Schnitzel gleicht! Doch nicht nur die Wiener Schnitzeln mit ihrer himmlisch-knusprigen, gold-braunen Panier vermögen den Donau-Phäaken zu verzücken, nein auch das gesiedete Rindfleisch (insbesondere das Beinfleisch) könnte leicht dazu veranlassen, Hymnen über diese Inkarnation des Rindfleisches zu verfassen. Die Stadt von „Wein, Weib und Gesang“ lässt ihre Seele beim Grünen Veltliner oder Gemischten Satz baumeln, labt sich in ihren Stamm-Beisln oder stärkt sich mit einer „Haßen“ am Würstelstand. Für ein gutes Papperl muss hier immer etwas Zeit sein!
Niederösterreich:
Niederösterreich hingegen, mit seinem Waldviertel, Weinviertel, Mostviertel, Marchfeld, Wienerwald oder der Wachau (nur um einige Beispiele zu nennen) ist eine einzigartige kulinarische Schatzkammer, die mit ihren vielseitigen Produkten wesentlich dafür verantwortlich war (und ist!), dass die Wiener Küche überhaupt den großartigen Ruf erlangen konnte, den sie heute hat.
Burgenland:
Das Burgenland hingegen fristete – vollkommen zu Unrecht(!) – lange Zeit so etwas wie ein „Stiefmütterchendasein“. Nicht zuletzt durch die Unterstützung der EU hat sich das gewaltig geändert: selbstbewusste Produzenten erzeugen hier nicht nur weltberühmte Weine, sondern auch Genüsse der absoluten Sonderklasse, von Paradeisern und Gemüsen aller Couleur angefangen, über Gänse, Enten, Mangalitzaschweine, Steppenrinder und Moorochsen, bis hin zu Wurstwaren von feinster Qualität. Heute ist das Burgenland, ohne Übertreibung, ein Dorado für den Genießer!
Steiermark:
„Das grüne Herz Europas“, wird die Steiermark auch gerne genannt, Österreichs zweitgrößtes Bundesland. Und gerade hier tut sich eine Vielfalt auf, die nahezu beispiellos zu sein scheint. Aus der pannonischen Tiefebene steigt sie empor zu Wiesen und Almen, Rebgärten mit Klapotetzen, Kirchweilern und grünen Kuppeln, Mulden und Tobeln, der „Waldheimat“ Peter Rossegers. Bei Bad Aussee, wo schon Grillparzer, Lenau, Strauß und Hofmannsthal ihre Sommerfrische verbrachten, gelangt man ins steirische Salzkammergut und weiter hinauf ins Hochgebirge, wo es den Steirerkas zu entdecken gibt. Kürbiskernöl und „Verhackert“ sind wahrscheinlich (neben Wein und Klachl-Suppe) die bekanntesten Genüsse der Mark. Auch haben sich etliche Delikatessen-Produzenten etablieren können, man denke nur an Zotter, Gölles, Fink’s feine Kost, an den Turm- wie auch an den Vulcano-Schinken.
Kärnten:
Das Land der Berge weist zwar nur wenig urbane Sehenswürdigkeiten auf, dafür aber bietet es eine zum Teil atemberaubend schöne Bergwelt mit saftigen Almen, traumhaft gelegene Seen und ein angenehmes, weiches Klima. Die meist ursprünglichen Genüsse der Region spiegeln sich auch in den herzhaft-deftigen Spezialitäten wieder: Brot, Käse, Schinken, Speck und Polenta sind hier die tragenden Säulen. Die berühmten Kasnudeln, das Ritschert, Dampfnudeln oder Reinling sind weitere bekannte Kärntner Spezialitäten.
Osttirol:
Von Kärnten aus gelangt man übers Lesachtal nach Ostirol, welches allerdings keine gemeinsame Grenze mit Nordtirol teilt. Selbst im verbliebenem österreichischen Teil nimmt das „zersprenkelte“ Tirol eine gewisse Sonderstellung ein: denn sowohl kulinarisch als auch touristisch geht Osttirol eigene Wege. Die Region hat sich durch alle Wechsel hindurch seine trotzige, katholisch verbrämte Eigenständigkeit zu wahren gewusst. Man genießt den starken Pregler zu Speck, Henkele, Graukas, Almbutter und Bauernbrot. Tiroler Knödel, Gröstl, Tiroler Leber, Krapfen und Nigelen erfahren eine regelrechte Renaissance und der Osttiroler Plattenstock erinnert an die Üppigkeit vergangener Tage.
Tirol:
„Speis und Trank hält Leib und Seele z’sam!“ weiß man auch heute wieder in Tirol und scheint die kulinarischen Irrwege des Massentourismus vergessen machen zu wollen. Spitzenköche von Weltruf kochen mit heimischen Produkten traditionell inspirierte Gerichte und ernten dafür höchstes Lob. Die Almwirtschaften blühen und gedeihen und Produkte wie Heumilch, Bergkäse und Tiroler Speck genießen höchstes Ansehen. Sogar die einfache Kost der ehemaligen Senner wird heute wieder hochgelobt und man ist stolz auf Kaiserschmarren (Kaserschmarren), Speck und all das Herzhafte, was man als Genussmensch an Tirol so liebt.
Oberösterreich:
Im landwirtschaftlich geprägten Oberösterreich, dem Land der Bratl und Knödel, liebt man volle Teller und das Bier! Das Bundesland liegt beidseits der Donau vom Unterlauf des Inn im Westen bis zur Enns im Osten. Drei seiner Regionen sind nach Flüssen benannt: Mühlviertel, Innviertel und das Traunviertel, die landschaftlich reizvollste Gegend ist aber sicherlich das Salzkammergut mit seinem Weltkulturerbe „Hallstädter See“.
Salzburg:
Nur wenig vom Salzkammergut darf das eigentliche Bundesland Salzburg zugehörig nennen, dessen gleichnamige Hauptstadt heute – vor allem in Übersee – sogar bekannter ist, als die Bundeshauptstadt Wien. Das Salzburger Land erstreckt sich von der flachen Seenplatte an der Grenze zu Oberösterreich bis zu den Hohen Tauern im Süden (mit ihrem einzigartigen Nationalpark), von grünem Hügelland hinauf bis zu den Gletscherregionen. Vier sogenannte „Gaue“ teilen das Land: Der Lungau im Südosten liegt etwas abgeschieden und ist bäuerlich geprägt, der Pongau ist das Herzstück des Landes, durch den Pinzgau (mit seinen berühmten Rindern) fließt die Salzach und im Tennengau befinden sich die alten Salzbergwerke, welche mit ihren „Weißen Gold“ Stadt und Land nicht nur den Namen verliehen, sondern auch zu frühem Reichtum verholfen hatten.
Vorarlberg:
Das westlichste und zugleich kleinste Bundesland Österreichs ist Vorarlberg, welches seine Grenzen mit Tirol, Liechtenstein, der Schweiz und Deutschland teilt. Das Land zeigt auf engstem Raum eine erstaunlich vielfältige Landschaft. Vom Bodensee und der weiten Rheintalebene, bis zu den Allgäuer Alpen mit dem Arlberg, der Wiege des alpinen Skisports. Noch weiter hinauf gelangt man zum Rätikon an der Grenze zur rätoromanischen Schweiz und zu den gewaltigen, vergletscherten Verwall- und Silvrettagruppen in den Zentralalpen. „Eigene Mentalität“ und „eigenes Denken“ charakterisieren nicht nur die Menschen des Landes, sondern auch die Küche, welche als alemannisch mit einem Schuss Österreich bezeichnet werden kann. Fleißig ist er, der Vorarlberger und geschäftstüchtig; was er über alles liebt: Suppen, Schnäpse und Käse! Das „Ländle“ ist – bei allen landwirtschaftlichen Reizen – hochindustrialisiert, und auch der Architektur kommt hier eine bedeutende Rolle zu. Die traditionellen Gerichte sind zumeist einfach, sparsam und bäuerlicher Herkunft. Und wer jemals die herzhaften „Käsknöpfle mit Erdäpfelsalat“ verkostet hat, weiß, warum man hier das Kriasiwasser und den Subirer so schätzt; sie gehören neben Sparsamkeit und Findergeist zur „Wesensart“ des dem Schwaben verwandten Vorarlbergers.
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