Seewinkel
Längst ist der Seewinkel weit über seine Grenzen hinaus bekannt für authentische regionale Genüsse aller Art, denn Mangalitza-Schweine, Steppenrinder, Weidegänse, Fische aus dem Neusiedlersee, Paradeiser, Grünspargel, Parpika, Neusiedler Mayoran und allerlei andere paradiesische Köstlichkeiten sind längst zu Ikonen des Genusses geworden, genauso wie die wunderbaren Weine (insbesondere Süßweine und edle Rote) oder die mittlerweile weltberühmten Sekte aus dem Hause Szigeti! Das allein wäre schon mehr als Grund genug, diesen wunderbaren Mikrokosmos der Genüsse immer wieder zu besuchen, doch daneben locken auch noch einzigartige Naturschönheiten den Genussmenschen in den Seewinkel.
Schier unendliche Weiten und idyllische Weinflure: Der Seewinkel gehört landschaftlich größtenteils zur Pannonischen Tiefebene. Er liegt rund um das nord-östliche Ende des Neusiedler Sees, ein von einem breiten Schilfgürtel umgebener Steppensee, auch liebevoll das „Meer der Wiener“ genannt. Übrigens sind auch hier in der Natur gleichermaßen wie in der gesamten traditionellen Küche des Burgenlandes die ungarischen Einflüsse nach wie vor erkennbar: der ungarischer Name des Wiener Meeres, „Fertő tó“, heißt nämlich so viel wie „Sumpf-See“. Ein reguläres Sumpfgebiet gibt es auch heute noch, und zwar an der Grenze zu Ungarn, auf dessen Territorium ein Fünftel des Sees liegt. Die Gegend rund um den Seewinkel samt Neusiedler See ist weit über die Grenzen hinaus bekannt für authentische regionale Genüsse aller Art und gleischermaßen als Weinbaugebiet: Das einzigartige Mikroklima des Sees, die vielen Sonnenstunden sowie die unterschiedliche Beschaffenheit des Terroirs lassen hier fruchtig spritzige Weißweine, vollmundige Rote und süße Prädikatsweine zur Vollendung reifen.
Neusiedl am See wird als das Tor zum Seewinkel bezeichnet und ist als solches eine gute Ausgangsposition für diesbezügliche Genuss-Touren. In Neusiedl lohnt zunächst ein Besuch des Gasthauses zur Alten Mauth, nicht nur weil es eine hervorragende pannonische Küche anbietet, sondern auch weil KM Gerhard Windholz eigene Mangalitza-Schweine züchtet und aus diesen allerlei Wurstwaren herstellt, die einem das Wasser im Munde zusammenlaufen lassen: Mangalitza-Speck und –Lardo, Mangalitza-Leberaufstrich (Extraklasse!), Mangalitza-Leberkäse, Rillettes (besonders köstlich: mit Schwarzen Nüssen oder mit Amarena-Kirsche) oder Mangalitza-Salami und -Speckwurst sind nur eine kleine Auswahl des umfangreichen Sortiments. All die Produkte können natürlich zum Mitnehmen erworben werden. Und wenn man Glück hat, dann war gerade Schlachttag, was heißt, dass man sich frei nach Josef Weinhebers Phäaken zum Gabelfrühstück an Stichleber, Kutteln, Lammbeuschel oder auch Bruckfleisch laben darf.
Derart gestärkt hat man dann eine gute Unterlage um in der Sektkellerei Szigeti das äußerst umfangreiche Sortiment an reinsortigen Sekten zu verkosten. Dabei sollte man besonders die Raritäten des Hauses – z.B. den Neuburger-Sekt – nicht außer Acht lassen. Und die edlen Schaumweine aus der Burgunder-Serie machen mit ihrer Aromatik und der trinkanimierenden Stilistik Spaß und Lust auf mehr.
Wenn man schon in Gols verweilt, dann kann man zwischendurch dem Weinkulturhaus einen Besuch abstatten oder eines der berühmten Rotweingüter des Ortes besuchen, wie z.B. das Weingut Gernot Leitner oder auch das Weingut Juris der Familie Stiegelmar mit ihrem exzellenten Pinot noir. Den Fischfreunden unter den geneigten Lesern sei ein Mittagessen im Restaurant Varga ans Herz gelegt, denn die Familie Varga besitzt Fischereirechte im Neusiedlersee und bietet fast ausschließlich Fische aus eigenem Fang an. Egal ob Zander, Waller oder Wildkarpfen – was hier aufgetischt wird ist wortwörtlich gesehen „einfach köstlich“.
Für den Verdauungsspaziergang empfiehlt sich die berühmt berüchtigte „Hölle“ womit eine Art Güterweg zwischen Illmitz und Podersdorf beschrieben wird, der in den Sommermonaten für seine Gluthitze berühmtberüchtigt ist und daher seinen Namen hat. Er lohnt deshalb, weil er einzigartige Ein- und Ausblicke in die Naturschönheiten des Seewinkels bietet, vom Neusiedlersee über Lacken (damit sind kleine Salzseen gemeint) bis hin zu einer faszinierenden Pflanzen- und Tierwelt. Im Nationalparkzentrum erhält man weiterführende Infos, im „Heurigen zur Hölle“ wird man auf einer der schönsten Terrassen des Seewinkels mit einem großen Sommer-Spritzer der Höllen-Glut sicher Herr werden.
Nicht nur Mangalitza-Schweine, sondern auch die Steppenrinder sind eine alteingesessene Haustierrasse im Seewinkel. In den 70er Jahren vergangenen Jahrhunderts fast ausgestorben, erleben sie heute eine wahre Renaissance, weil sie einerseits wichtig sind für die Beweidung, andererseits auch sensationelle Fleischlieferanten sind. Wer sich diesen Genuss gönnen möchte, begebe sich nach Pamhagen, denn der dort ansässige Fleischermeister „Karlo“ hat zwar nicht das Exklusivrecht auf das Steppenrind, ist aber der einzige der es schlachten und vermarkten darf. Karlo erzeugt aus dem Rind einen wunderbaren Rohschinken, aber auch Nationalparkwürstel, die neben Steppenrind auch Mangalitza-Speck enthalten.
Sehr empfehlenswert ist auch ein Besuch des urigen Gowerl-Hauses in Illmitz, nicht nur weil es einer der letzten echten Heurigen der Region ist, sondern weil auch hier dem Mangalitza-Schwein gehuldigt wird – nicht in Form feiner Wurstwaren, sondern dem Ambiente des Hauses entsprechend mit herrlich-deftigen Speckvarianten, die zum Eigenbauwein besonders gut munden.
Unbedingt einzuplanen ist weiter ein Besuch beim berühmten Erich Stekovics, dem Paradeiser- und Chilikönig von Frauenkirchen. Im ofeigenen Laden kann man all die paradiesischen Früchte in variantenreicher Form als Edelkonserve für zu Hause erwerben – und den dazu passenden Tomaten-Essig gleich dazu! Wenn Zeit bleibt sollte man den Paradeisgärten mit ihren abertausenden Tomatensorten sowie den Stekovics’schen Weidegänsen einen Besuch abstatten – oder man entspannt sich in der nahegelegenen St. Martinstherme (www.stmartins.at ).
Für das Abendessen empfiehlt sich das Gasthaus zur Dankbarkeit in Podersdorf, eine mittlerweile weithin bekannte Adresse für moderne pannonische Regionalküche auf höchstem Niveau; Zander mit Sardellen-Gnocchi, Waller mit Risotto vom Seewinkler-Grünspargel oder Entenbrust mit Erbsenpürree und Erdbeer-Minz-Sauce sollte man sich hier genauso wenig entgehen lassen, wie die berühmte Jüdische Hühnerleberpastete – die Spezialität des Hauses schlechthin.
Den Abschluss einer solchen Genuss-Tour sollte dann erneut eine Location in Neusiedel bilden, denn die hier befindliche Mole-West ist der Hot-Spot am Neusiedlersee überhaupt. Glücklich ist, wer einen dieser atemberaubend schönen Sonnenuntergänge erleben darf, die den Neusiedlersee in tiefes Gold tauchen – schöner als das geht nämlich kaum. Ein unvergesslicher Moment, der in Erinnerung bleiben und für Sehnsucht nach dem Seewinkel sorgen wird.
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