Krakau







Für viele ist es die schönste Stadt und für so manchen die heimliche Hauptstadt Polens: Krakau war mit seiner Altstadt einst Sitz der Könige und beeindruckt heute als „polnisches Florenz“ mit seinem magisch-südlichen Flair. Liebhaber der Gotik, des Barocks und der Renaissance kommen hier architektonisch voll auf ihre Kosten: Unbedingt besichtigen muss man den größten Marktplatz Europas inklusive Marienkirche und Tuchhallen im Renaissance-Stil, das bezaubernde jüdische Kazimierz-Viertel und natürlich das Königsschloss Wawel, das sich über der malerischen Altstadt (die heute aufgrund ihres mittelalterlichen Kerns UNESCO-ausgezeichnet ist) abzeichnet. Daneben besticht Krakau mit seiner lebendigen Kneipenszene und zahlreichen Cafés: hier trifft Tradition Moderne und lädt zum Verweilen, Lachen und Trinken ein.
Was die Kulinarik anbelangt, setzt Krakau vor allem auf eines: Vielfalt. Diese lässt sich vor allem aus den Wurzeln der Region heraus erklären: Koschere und süßsaure Spezialitäten stammen aus der jüdischen Küche und aus der Habsburger Zeit kommt alles, was böhmisch, ungarisch oder österreichisch inspiriert ist – inklusive der mit viel Liebe gepflegten Kaffeehauskultur.
Das alte, vormals jüdische Viertel Kazimierz ist heute sicherlich der Hotspot schlechthin für Schmaus und Trank: dicht an Atmosphäre, charmant-heruntergekommen und mit einem Hauch von Improvisation präsentieren sich hier die Lokale. Da gib es Haubenhütten und Gasthäuser wie private Wohnräume, nur dass man beim Eintreten eben nicht die Schuhe ausziehen muss. Ein Snack, den man unbedingt probieren sollte, ist beispielsweise die polnische Pizzaversion: zapiekanka genannt, verstehen die Polen unter Pizza eine überbackene Baguettehälfte mit Schinken, Pilzen und anderem Gemüse. Interessanter Fact am Rande: Steven Spielberg drehte für „Schindlers Liste“ hier in diesem Viertel an Originalschauplätzen.
Superstar der Region ist aber eindeutig die Krakauer Wurst, wobei es Vorsicht zu bewahren gilt, denn das, was man unter die in Deutschland bekannten gleichnamigen Wurst kennt, würde hier zum Trugschluss führen: In Polen ist die Krakauer Wurst eine kurze 4–5 cm dicke Trocken- bzw. Räucherwurst, welche vor allem als Aufschnitt zum Frühstück oder Abendbrot gereicht wird. Und weil’s bei den Polen und auch den Krakauern nie genug an Wurst- und Fleischspezialitäten sein kann, erfreuen sich auch andere Köstlichkeiten wie die Kielbasa Lisiecka, eine spezielle Wurst mit einem von Hand(!) geschnittenem Brät, größter Beliebtheit bei Einheimischen und Besuchern. Und wer’s lieber süßer mag, muss unbedingt die papieska kremówka probieren, jene Cremetörtchen mit cremiger Puddingfüllung, die durch Papst Johannes Paul II bekannt wurden.
Im Herbst ein Sammelsurium aus Kürbissen aller Größe und Formen, im Winter nur ein Geruch (nach getrockneten Schwammerln), an Weihnachten ein Paradies aus Bauernschinken: Die Formel ist sehr einfach – „Kein Besuch Krakaus ohne alten Marktplatz“. Der Stary Kleparz entstand im Jahre 1366 und war seither berühmt für seinen Ruf, allerlei Sachen zum Verkauf anzubieten, die sonst nirgendwo verkauft werden. Den Ruf hat der Stary Kleparz bis heute. Hier versammeln sich die Naturprodukte der Region, direkt von den Erzeugern aus der Umgebung geliefert: Kräuter, Schwammerl, Gewürze und Wurst – der Markt ist ein Schlaraffenland für Schleckermäuler. Aufgeschwatzt wird hier übrigens niemandem etwas: die Händler wissen um die Qualität ihrer Ware – wer nix kauft, wird seinen Fehler zuhause umgehend feststellen und so schnell wie möglich wiederkommen, um ihn wieder auszubügeln. Probieren sollte man unbedingt den Hartkäse Oscypek aus Schafmilch, der aus den Bergen in der Nähe stammt oder Kräutersirup aus Eigenproduktion. Verköstigen kann man die Errungenschaften am besten gleich beim Ufer an der Weichsel.
Polen, das Land des Wodkas und der Wurst? Gängiges, zutreffendes Klischee? Jain. Für den Süden des Landes und den Silberberg (Srebrna Góra) ist dies nichts als Gerede, denn hier befindet sich das Weingut Srebrna Góra, das ganz auf Tradition setzt, arbeiteten doch bereits im 10. Jahrhundert hier Mönche als Weinbauer. Produziert werden weitgehend unbekannte Rebsorten, vielfach Neuzüchtungen, die eines vereinen: sie sind besonders widerstandsfähig gegen Frost und Kälte – wie könnte es auch anders sein, beim rauen polnischen Klima.
Vielfältig und charmant ist Krakaus Landschaft und Architektur. Vielfältig und charmant ist auch Krakaus Küche. Wer da nicht hinfährt, wer da nichts kauft, nichts probiert ... der versäumt ein einzigartiges Erlebnis namens Krakau.
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