Westpommern
Herrlich, fast wie die Masuren, jedoch nicht mal ansatzweise so überlaufen und nur einen Katzensprung von der deutsch-polnischen Grenze entfernt.
Hafenstadt Szczecin (Stettin), Meeresrauschen und weißer Traumsand, eine Landschaft wie eine eiszeitlich geformte Moräne, kristallklare Seen und Flüsse und kilometerlange Chausseen, verwunschene Schlösser und Burgruinen, tiefe Wälder soweit das Auge blickt und die sich nördlich zum Stettiner Hafen weitende Oder, die sich zu beiden Seiten der deutsch-polnischen Grenze bis an die Ostsee samt ihren unterschiedlichen Küstenformationen (mal Kliff, hoch und steil, mal niedrig und flach) erstreckt: Westpommern setzt (und zwar mit vollem Einsatz) auf das Wasser, auf seine Seebäder, die sich an der Ostsee wie Bernsteinperlen auf einem Kettenfaden aufreihen. Und gewinnt. Haushoch.
Konkurrenz (und zwar große!) macht der Ostsee nur die Pommersche Seenplatte, den westlichen Ausläufer des Baltischen Landrückens und das Land der Wäldern, kleiner Städtchen und Dörfer. Im Herzen Westpommerns gelegen, ist sie ein Kind der letzten Eiszeit, die auf ihrem Rückzug vor rund 10.000 Jahren eine sanft geschwungene Hügellandschaft, die sog. Endmoränen, zurückgelassen hat. Das Schmelzwasser der zurückweichenden Gletscher höhlte zahlreiche Rinnen, Schluchten und Geröllfelder aus, aus denen sich im Laufe der Zeit über 1500 Seen formten, die durch Bäche oder Kanäle miteinander verbunden: nicht umsonst auch liebevoll „Schönste Wasserstraße Polens“ genannt.
Die Gegend in Westpommern ist – und das ist einer ihrer Charme-Indikatoren – sehr dünn besiedelt: die Insel Wollin vor der Küste lockt durch ihr vielseitiges Landschaftsbild, im Wollin-Nationalpark sollte man nach Wisenten Ausschau halten und der dichte Urwald des Drage-Nationalparkes verzaubert mit unberührtem, undruchdringlichem Grün. Das Leben, das bunte, pulsierende und mancherorts auch touristische, konzentriert sich hauptsächlich in und um die wenigen kleinen Marktstädte wie Nörenburg (Ińsko), Dramburg (Drawsko Pomorskie), Tempelburg (Czaplinek), Bad Polzin (Połczyn Zdrój), Falkenburg (Złocieniec) und natürlich um Stettin (Szczecinek). Eine besondere Erwähnung verdient der Ort Groß Born (Borne Sulinowo), der zu sozialistischen Zeiten auf keinerlei Landkarten verzeichnet war. Inmitten eines Waldgebiets, abgeschirmt von der polnischen Bevölkerung, waren hier in den ehemals deutschen Kasernen über 15.000 sowjetische Soldaten stationiert. Die letzten von ihnen zogen 1992 ab. Heute wird die Stadt von Polen bewohnt und ist mittlerweile, als am Ufer des Pilburger Sees gelegen, zu einem grünen Paradies für Wasserfans und –sportler, Taucher und Angler geworden – und wer genau hinhört, dem kann hier jedes Haus seine eigene Besatzungsgeschichte erzählen.
Und was Westpommern kulinarisch kann? Na allerhand! Geprägt von den pommerschen Landwirten und ihren angebauten Feldfrüchten wie Wruken und Zuckerrüben, ihrer Geflügelzucht, die die berühmt gewordene pommersche Gans hervorgebracht hat, liebt man vor allem den Reichtum an Fischen aus der Ostsee, den zahlreichen Flüssen und den Binnengewässern der Pommerschen Seeplatte, sowie das Angebot an Wild aus den pommerschen Wäldern. Probieren sollte man den Bierfisch (mit einem Krug Rotwein!), den Wrukeneintopf, die knusprig gebratenen Honigkrebse, die würzigen Tollatschen, die Spickgans, ach und natürlich- Die Aufzählung würde hier kein Ende nehmen, zu vielfältig und deftig die Genüsse in Westpommern, dass man, einmal im kulinarischen Traumland, als Genussmensch an Abreisen gar nicht mehr zu denken vermag.
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