Andalusien
In Andalusien, der südlichsten der 17 autonomen Gemeinschaften Spaniens, setzt man auf Vielseitigkeit und Wandlungsfähigkeit - landschaftlich wie kulinarisch. Wer von der Schönheit der Alhambra von Granada, der Vulkanlandschaft wie der Tabernas Wüste, den weißen Gipfeln der Sierra Nevada und den dicht bewachsenen mittelhohen Gebirgen verzückt ist oder den Flamenco als feurige Seele Andalusiens verehrt, wird auch den kulinarischen Genüsse der Region - von Gazpacho über gebackene Sardinen, Serranoschinken, marrokanische Fleischspieße und köstliche Honig-Mandeldesserts - nicht wiederstehen können.
Die andalusische Gastronomie ist über lange Zeit gewachsen und voller Aroma, Geschmack und Farbe. Leicht und unbeschwerlich mutet das Leben in Andalusien an, leicht und unbeschwerlich auch die Gerichte, mit denen die Region der sengenden Sonne - Andalusien ist die heißeste Region Spaniens - trotzt: Nach einem andalusischen Mahl fühlt man sich nicht behäbig, sondern leichter als vor dem ersten Bissen. Als einen Widerspruch könnte man den Hang zum Frittieren bezeichnen, leichte Küche sei das nicht, in Andalusien triefen die Gerichte aber deshalb keineswegs vor Fett: Die an den Straßenständen gebackenen Sardinen, Seezungen und Meerbarben werden in Papier eingeschlagenen und das nächste Schattenplätzchen ist gerade richtig für die köstliche Mahlzeit.
Großgeschrieben wird in kulinarischer Hinsicht vor allem die Regionalität, jeder Ort bringt so seinen eigenen Trumpf, seine eigene Würze mit ins kulinarische Spiel, so setzt man in den Küstenprovinzen beispielsweise auf Fisch, im Landinneren auf Wild: die marrokanische Note der andalusischen Gerichten, die den Mauren zu verdanken ist, zieht sich aber durch alle Regionen: Fleischspieße, köstliche arabisch beeinflusste Desserts aus Honig und Mandeln und milde Joghurtrezepte, mit diesen Assen gewinnt Andalusien jedes noch so mürrische Genießerherz. Verfeinert wird das Ganze mit der persönlichen Note des jeweiligen Ortes: Gazpacho aus Sevilla, Sherrywein aus Cadiz, Kakao, Zimt und Muskat aus Grenada, Serranoschinken aus Huelva, frittierte Fischchen aus Malaga, Muschelsuppe aus Almería, Olivenöl aus Jaén und Wein aus Córdoba.
Cadiz:
Türkisfarbenes, kristallklares Wasser, paradiesische Strände, Sonnenuntergänge wie aus kitschig-romantischen Filmen geschnitten, Gassen mit weißgetünchten Häusern: Cadiz verführt mit seinen Küstenorten Zahara de la Sierra und Zahara de los Atunes nicht nur optisch: vor allem der wunderbare Payoyo-Käse aus der Gebirgsregion Sierra de Grazalema zählt zu den besten Käsesorten der Welt und beim bloßen Gedanken an das köstliche (Wild)fleisch der Region läuft dem Feinschmecker bereits das Wasser im Mundzusammen: besonders zu empfehlen ist das gegrillte Lendenfilet vom Hirsch. Was dazu getrunken wird? Der hervorragende Sherrywein aus Jerez de la Frontera im Nordwesten der Provinz, kommt nicht etwa vom englischen "Cherry" und hat auch nichts mit Kirschen gemein: Der spanischer Weißwein, der durch seinen speziellen Reifeprozess in Holzfässern zum Likörwein wird, ist ein ganz Besonderer!
Grenada:
Kakao, Zimt, Ingwer, Muskat und Nelken: Auf Grenada, wo pro Quadratmeter mehr Gewürze als sonst irgendwo auf der Welt wachsen, duftet es rund ums Jahr nach Weihnachten. Adventstrubel gibt es unter der karibischen Sonne nicht, dafür Zimt-Longdrinks und Soca-Klänge. Zwischen wiegendem Palmen, weißen Stränden und malerischen Häuschen wird gefeiert und gelacht, musiziert, getrunken (Insel Rum aus Zuckerrohr oder Carib-Bier) und gegessen: dabei zählt vor allem die Verfeinerung mit der typisch grandischen Gewürzsoßen: Hot and spicy scheint die Erfolgsformel der Insel der Gewürzen zu lauten. Weil aber Gewürze alleine nicht statt machen, lohnt sich ein Abstecher in den üppigen Regenwald, der die hoch aufragenden Berge der Insel überwuchert: Ananas-Stauden, Mango- und Papayabäume sind hier die Sieger der Region. Weitere Spezialitäten sind Calaloo Soup (ähnelt Spinat), Krebse, Meeresschnecken (Lambi) und Avocado-Eis. Feinschmecker-Lieblingsprodukt? Der Schinken aus Trevélez. Stilecht dünn- und vor allem handgeschnitten gegessen, verdankt die Köstlichkeit seine Eigentümlichkeit dem besonderen Reifungsprozess, der unter einmaligen klimatischen Bedingungen stattfindet, da Trevélez eines der höchstgelegenen Dörfer Spaniens ist.
Huelva:
Der vielleicht beste Serranoschinken kommt aus Jabuga in Huelva, der voller Leidenschaft auch als "Schinken von der weißen Pfote" bekannt ist: in Huelva liebt man das Fleisch der hellhäutigen Hausschweine wie kaum andernorts und produziert einen solch grandiosen luftgetrockeneten, mild-aromatischen Schinken, dass einem schlicht die Worte fehlen. Jamón Ibérico, der Schinken des Ibérico-Schweins, gewissermaßen die De-Luxe-Variante des Jamón Serrano, des gewöhnlichen luftgetrockneten "Bergschinkens", gilt selbst außerhalb Spaniens als bester luftgetrockneter Schinken der Welt. Der kleine Ort Jabugo, an Andalusiens Grenze zur Extremadura in Huleva gelegen, gilt als Herz der Ibérico-Produktion.
Malaga:
Für die Freunde guten Essens ist Málaga wirklich eine „Stadt des Paradieses”. Nicht umsonst heißt es, dass hier die Köstlichkeiten des Hinterlandes auf die herrlichen Fisch-Gaumenfreuden des Meeres treffen, verfeinert mit einem Hauch maurischen Erbes. Ein beliebtes Gericht in Malaga ist der einzigartige „Pescaito frito“. Hierbei handelt es sich um frittierte Fischchen, die in Malaga in vielen Varianten zubereitet werden. Meerbarben, winzige Heringe, Stöcker, kleine Calamare sowie andere kleine Fischarten werden in Mehl gewendet und danach in Olivenöl gebraten. Eine weitere kleine Fischart, die typisch für Malaga ist, sind die "Boquerones in Vinagre". Sie werden in Marinade eingelegt und sind eine erfrischende Köstlichkeit. Die beliebtesten Fische auf Malagas Speisekarte sind Sardinen und die beliebtesten Meeresfrüchte die Gambas (Krabben): ob gegrillt oder gekocht - Sardinen und Gambas sind immer eine Gaumenfreude! Wer sich nun fragt, wieso hier Köstlichkeiten des Hinterlandes auf dem Tisch landen, wo doch die Rede nur von Fisch, Fisch und nochmal Fisch ist: Ein klassisches Gericht in Malaga ist das Zicklein (Choto al Ajillo). Es wird mit einer Soße aus Essig, Knoblauch, Mandeln und Olivenöl zubereitet. Auch frittierte Zicklein fehlen auf keiner Speisekarte in Malaga.
Sevilla:
Sevilla ist vor allem für den Superstar der andalusischen Küche bekannt. Die Rede ist natürlich von der Gazpacho, jene kalte Gemüsesuppe, die nicht nur in Andalusien nie fehlen darf. Ansonsten heißt es in Sevilla nur: "Ir de tapas" - man rühmt sich als Ursprungsort der Tapas und Tapashauptstadt: am besten "pinchitos morunos" verkosten (Fleisch vom Huhn oder Schwein in einer würzigen Marinade) oder Spinat mit Kichererbsen, der mit frittiertem Brot, Salz, Knoblauch und weiteren Gewürzen verfeinert wird. Der Menudo (ein Eintopf aus Rinds-Innereien, scharf gewürzt und teilweise mit Chorizo oder Kichererbsen serviert), die Huevos a la flamenca (Eier mit Gemüse und Schinken) und die Montaditos – verschieden belegte und getoastete Brötchen – sind weitere kulinarische Tapas-Verlockungen.
Córdoba:
Córdoba – allein der Name dieser Stadt klingt nach Hitze, Stierkampf und Flamenco. Tatsächlich ist Córdoba die andalusischste Stadt Andalusiens: magische Moscheen und märchenhafte Patios in Hülle und Fülle. Und apropos in Hülle und Fülle: Auch bei edlen Tropfen kann die Provinz Córdoba punkten. In der Region Montilla, südlich von Córdoba, werden Weine angebaut, die zu den besten des ganzen Landes zählen. Die ausdrucksstarken Weißweine, die unter der Herkunftsbezeichnung “Montilla-Moriles” vermarktet werden, stehen den bekannteren Sherry-Weinen aus der Region Jerez in nichts nach.
Almería:
Gegensätze sind an der Costa del Almería Programm. Weitläufige Strände, wüstenähnliche Gebiete, kleine Buchten und fruchtbare Gebiete liegen dicht beieinander. Ihre Landschaft machte die Küstenregion auch bekannt, zahlreiche Filme, wie zum Beispiel "Indiana Jones" oder "Conan der Barbar", wurden hier gedreht. Kulinarisch erfreut man sich an viel gebratenen, gegrillten oder gebackenen Fisch, aber auch gegrilltes Fleisch und Wild findet sich häufig auf den Speisekarten wieder. Unbedingt probieren: die “Sopa Almería” (Muschelsuppe) und Gurullos (Nudeln mit Lamm oder Kaninchen). Mit bitterem Beigeschmack angemerkt sei, weil's dazugehört: Almería gehört zu den zwei größten Anbaugebieten für Obst und Gemüse und ganz Spanien. Auch als "mar del plástico" (Plastikmeer) bekannt, dominiert hier allerdings der geschützte Anbau in Treibhäusern.
Jaén:
Die Landstraße führt durch akkurate Reihen von knorrigen Olivenbäumen, die die Täler und Höhe umrahmen, mal längs, mal quer, mal im spitzen Winkel aufeinandertreffend, vor allem aber: bis zum Horizont reichend. Ein Märchenwald, in dem man trotz der ordentlich aufgereihten Gewächse leicht die Orientierung verlieren kann und einem ein Gefühl von Unendlichkeit vermittelt - 60 Millionen Olivenbäume wachsen hier, nicht umsonst also versteht sich Jaén auch als "Welthauptstadt des Olivenöls", weil hier die höchste Konzentration an Oliven und Ölproduktion stattfindet. Leicht bitter, etwas scharf und sehr gesund - das beste Öl der Welt sei das aus Jaén, darauf schwört man in Jaén, auch wenn es lange nicht so bekannt sei wie das italienische. Eine besondere Erwähnung verdient sich Martos, auch bekannt als “Wiege des Olivenhaines”, für seine eigene heimische Olivensorte Marteña (Picual), die Lieblings- und Siegerolivensorte Jaéns.
In Andalusien, der südlichsten der 17 autonomen Gemeinschaften Spaniens, setzt man auf Vielseitigkeit und Wandlungsfähigkeit - landschaftlich wie kulinarisch. Wer das bis jetzt nicht verstanden hat, der muss selbst hinfahren und sich überzeugen lassen. Und alle, denen das bereits sonnenklar ist, tun es nun wohl sowieso - wie könnte man auch nicht?
Follow Contadino