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Asturias

​Die Küche Asturiens ist geprägt von Bergweiden und dem Atlantik, hier grasen die meisten Kühe Spaniens, gedeiht der Apfelwein zu kulinarischen Hochgenüssen und liegt die Heimat der morcilla, einer geräucherten Blutwurst.
Land

Nordspanien hat so gar nichts mit den traditionellen Klischees Spaniens zu tun. Nicht heiß, nicht glutäugig, kein Flamenco, kein Salsa, keine Sangria, keine Paella. Kein maurischer Einfluss eben. Dafür saftige, grüne Weiden und wildes Meer, keltisch-romanisches Erbe, Weltklasseküche und Stinkekäse, Melancholie und Apfelwein. So auch in Asturien.


Eine kleine Geschichte der Küche Asturiens

Mit stolzgeschwellter Brust erinnern sich die Asturier an ihren wohl grüßten Beitrag zu den Geschicken Spaniens: In den Bergen nicht weit von Covadonga schlagen sie im Jahr 722 unter der Führung Pelayo den Ansturm der Mauren zurück, sicherten sich damit ihre Unabhängigkeit und begründeten die Rückeroberung des Landes durch die Christen (Reconquista). Nach dieser historischen Großtat fiel Asturien jedoch in einen Jahrhunderte währenden Schlaf. Für lange Zeit galt die Region nun als Armenhaus Spaniens, und in den Dorfküchen ernährte sich das einfache Volk von Hirse, Mais, Kastanien und Wildfrüchten, meist als Brei, Suppe oder Auflauf bzw. Eintopf.

Erst Ende des 19. Jahrhunderts brachen üppigere Zeiten an – asturische Gerichte wurden häufiger mit Fisch, Fleisch und Geflügel zubereitet – Köche und ihre Küchen-Kreationen, auch eingfache Mahlzeiten und Desserts aus Asturien brachten es zu einem beachtlichen Ruf. Das gute Essen in Asturien bewegte den Schriftsteller Jesús Fernándes Santos auf seiner Reise von der kargen kastilischen Hochebene in Richtung Atlantik zu dem verzückten Ausruf: „Dort oben am Kamm des Bergs beginnt Asturien, wo man nach Herzenslust schmausen kann. Folgt man dem Weg weiter, dann ist es wirklich so, als überschreite man an jener unsichtbaren Linie die Grenze zum gelobten Land.“


Blutwurst und Eintöpfe

Von der deftigen, traditionellen Küche bis zum angesagten Sternerestaurant Oviedos bietet die asturische Küche eine atemberaubende Vielfalt einheimischer Produkte. Wie auch in Kantabrien ist die Landschaft und die Küche Asturiens von dem Zusammenspiel aus Meer und Bergen (mar y montaña) geprägt. An der wilden Küste liegen einige der schönsten Strände Spaniens und im Hinterland erheben sich die gewaltigen Picos de Europa. Dominiert wird die Küche vor allem von frischem Fisch und Meeresfrüchten sowie deftigen Fleischgerichten und ländlichen Bohneneintöpfe.

Der berühmteste ist wohl die Fabada Asturiana, ein langsam, am besten über offenem Feuer gegarter Bohneneintopf mit bestem Speck, aromatischer Blutwurst (Morcilla), würziger Paprikawurst (Chorizo), Zwiebeln und Knoblauch, sowie mit Lacón, einem gepökelten und luftgetrockneten Vorderlauf des Schweines. Die Asturier blicken mit Stolz auf eine lange Tradition im Wurstmachen zurück.

Die Hauptrolle spielt jedoch eine qualitativ besonders hochwertige, trockene weiße Bohne (Fabes) der Sorte ‘Phaseolus vulgaris’, die die Qualitätsklassen Extra oder Primera haben müssen, um die Herkunftsbezeichnung (D.O.- Denominacion origin) zu erlangen: Eine der besten - und teuersten - spanischen Bohnensorten. Fabes bestechen durch ihre Feinhäutigkeit, ihr butterzartes Wesen und zeigen sich sämig und festfleischig zugleich. Die feinen weißen Hülsenfrüchte präsentieren sich aber nicht nur überzeugend im Fabada Asturiana, sondern auch exquisit Seite an Seite mit feinen Venusmuscheln. Und mögen's darüber hinaus auch wild - und zwar wörtlich. Denn die fabelhaften Bohnen haben die wundersame Eigenschaft, sich dem Geschmack von Wild und Pilzen anzupassen und deren Aromen in sich aufzunehmen. Eine Liaison, zu der die Asturier sich gerne hinreißen lassen.


Käse und Apfelwein

Unbedingt probieren sollte man auch eine der 40 lokal produzierten und z.T. in alten Höhlen gereiften Käsesorten. Die Asturier rühmen sich das Land mit den meisten Käsesorten pro Quadratkilometer zu sein. Die Käse werden oft aus Kuh-, Schaf- und Ziegenmilch gemischt, wie zum Beispiel der über die Landesgrenzen berühmte Cabrales aus dem gleichnamigen Ort, ein fetter Blauschimmelkäse, gereift in den Kalksteinhöhlen der Region. Die asturische Küche zaubert aus jenem, nennen wir es geschmacksstarken Stück Käse auch phantastische Soßen, die als Begleiter zu Forelle und Kalbsfilet eine hervorragende Figur machen.

Apropos Forelle: Neben Apfel und Eintopf, Wurstspezialitäten und Käse ohne Ende wartet die asturische Speisekarte auch mit erlesenen Köstlichkeiten aus kühlem Nass auf. Dabei macht aber nicht nur die Forelle die Feinschmeckergaumen glücklich, auch Lachs, Seeteufel und Muscheln, Garnelen und Seeigeln (erizos oder asturisch oricios de mar) finden ihren Weg auf die asturischen Teller. Die Asturier schätzen Seeigel roh, mit Sidra gratiniert und kurz gekocht zu Rührei. Und komponieren das Fleisch, das so unnachahmlich nach Meer schmeckt, darüber hinaus auch zu paté de oricios, einer delikaten Seeigel-Paste.

Wer jetzt beim Wort Sidra kurz stocken musste, dem sei an dieser Stelle Klarheit verschafft: Der passt nämlich nicht nur zum Seeigel, sondern vor allem auch hervorragend zu den Käsegenüssen Asturiens und ist ein leicht moussierenden Apfelwein, der nicht zufällig das beliebteste Getränk Asturiens ist: Die Region ist als Apfelparadies Spaniens per se bekannt. Schon zu Zeiten der Kelten wurden hier Äpfel angebaut und zu Sidra verarbeitet. Mehr als 30 verschiedene Apfelsorten wachsen und gedeihen im atlantischen Klima Asturiens heutzutage. Ganze 22 davon sind offiziell für die Herstellung von sidra zugelassen. Aus dieser Vielfalt eine ausgewogene Mischung für einen möglichst nuancenreichen Geschmack zusammenzustellen, ist schon eine Kunst für sich. Das Einschenken des spritzigen Endergebnisses aber erst recht!

Damit die sidra ihr volles Potential in puncto Spritzigkeit und Geschmack entfalten kann, bedarf es folgendem Ritual: Mit einer Hand schnappt man sich die dickwandige grüne Flasche und hebt sie mit einer schwungvollen Drehbewegung über den Kopf. Mit der anderen hält man ein breites Glas auf Höhe der Oberschenkel bereit. Jetzt lässt man in dieser Position einen kräftigen Strahl sidra in das Glas schießen (und füllt es maximal drei bis vier Zentimeter hoch). Das Aufschlagen der sidra auf dem Glasboden gibt ihrem Aroma den allerletzten Schliff. Ein letzter Sidra-Tipp: Nur die Sidra-natural wird auf die gute alte Art in Holzpressen gepresst und anschließend in Kastanienholzfässern vergoren. Und die schlägt die industriell hergestellte sidra gasificada geschmacklich natürlich um Längen. Letztere büßt immer etwas von ihren natürlichen säuerlich-herben Aromen ein, denn sidra gasificada wird gezuckert (je nach Variante mal mehr, mal weniger), mit Kohlensäure versetzt und dann in Edelstahltanks stabilisiert.

Wer es feiner mag, genießt erlesene Weine und Meeresfrüchte aus der Region – z.B. im Restaurant Casa Fermin im Herzen der Hauptstadt Oviedo mit ihren prächtigen Kirchen und einer charmanten Altstadt. Hier wird gutes Essen seit 1924 regelrecht zelebriert und die „fabada asturiana“ schmeckt hier ganz besonders gut.

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