Balearen
Herrlich duftende Orangen und Zitronen, ein Meer aus Rosa in der Mandelblütenzeit, Olivenhaine im sanft wiegenden Wind, Salzgärten von Ses Salines: Die Balearen verzaubern nicht nur mit zahlreichen paradiesischen optischen Genüssen: So mannigfaltig die Landschaft der Region, so mannigfaltig auch die kulinarischen Facetten: voller Farbe und Leben sind hier die Menschen, voller Vielfalt und Geschmack das Essen..
Da flackern wilde Partynächte der Schickeria von Ibiza auf, doch gleichzeitig auch die geradezu besinnliche Ruhe auf Formentera. Da lockt die raue Natur an der zerklüfteten Küste von Menorca, wo trotz Tourismus noch heute stille Buchten mit schroffer Felsumrandung zu finden sind. Da rösten sich die Touristen in endlosen Reihen am Strand von Mallorca und auf der Promenade die Grillhähnchen in Reih und Glied knusprig-saftig (Pollestres). Da lässt sich die Einsamkeit der von Steinen übersäten Pfade der Sierra de Tramuntana genießen, einer wilden Wunderwelt, die nach Lavendel und Thymian duftet – und dieser Duft ist es auch, der durch viele malloquinische Rezepte und Spezialitäten der balearischen Küche schwingt…
So reich wie die Geographie ist die Geschichte dieses spanischen Insel-Archipels, dessen Name von den Baliarides stammt, den wilden, mit Steinschleudern bewaffneten Kriegern, die mit Hannibal gegen Rom zu Felde zogen. Nach den Phöniziern etablierte sich dann die Macht der Römer auf den Inseln. Später folgten die Vandalen, nach ihnen die Byzantiner, die dem Ansturm der Araber weichen mussten. Dem König von Aragonien gelang es im 13. Jahrhundert, die Mauren zu vertreiben, und seither sind die Balearen fest mit Katalonien verbunden: Die Muttersprachen der Insulaner, das „mallorqui“, ist eine Variante des Katalanischen, und die katalanische Küche ist in vielen Küchenrezepten der Balearen zu finden.
Und diese kulturelle Vielfalt spiegelt sich selbstverständlich auch in der Küche der Inseln wieder. Denn die Invasoren auf den Inseln zerstörten nicht, sondern sie pflegten das eroberte Gut und brachten Neues mit. Hunderte Jahre alt sind die Olivenbäume, die reiche Frucht bringen, mit Olivenöl kocht man auf den Balearen seit Jahrhunderten. Die Pflege der Rebe geht auf die Römer zurück, und gewaltig ist das Wissen, das die Araber im Umgang mit Feigen und Mandeln hinterließen. Vorübergehende Armut machte die Bewohner der Balearen zu Meistern im phantasievollen Umgang mit dem, was sie hatten. Eine Armenspeise wie die Kohlsuppe wussten sie zur wahren Spezialität zu erheben, an der sich heute auch Meisterköche erfreuen. Und wen stört es, dass feuchte Luft die Herstellung von Schinken nicht erlaubt? Man wusste Schweine in den Küchen auf Mallorca, Ibiza, Formentera und Menorca bestens zu verarbeiten, zur einmaligen roten Sobrasada-Wurst.
Doch egal wie vielfältig die Einflüsse auch waren und sind, die Cucina der Balearen aber bezirzt kulinarisch auch eigenwillig und eigenständig und zwar frisch, bekömmlich und gleichzeitig deftig-bodenständig als Markt-Küche. Was dieser Begriff bedeuten soll? Was in der Markthalle ausliegt, kommt in den Kochtopf: so einfach und schlicht die Erklärung und genauso einfach und schlicht das Geheimnis, um mit den Schätzen der Inseln zu hantieren: „Frisch und einfach“ heißt es hier. Ein Blick über das Meer, über die Mandelblüten des Winters, Weinstöcke oder über die weiten Gemüsefelder, die fast die Hälfte Mallorcas bedecken, wird zum Auftakt für die Entdeckung der kulinarischen Wunder, die sich auf den Balearen und ihrer wundervollen, paradiesisch reichen und bescheiden-aromatischen Küche verbergen.
Mit Lamm, Schweinefleisch und knackig-leichten Gemüsesorten wie Tomaten, Auberginen, Zucchini oder Paprika wird hier gekocht, "Sopa Mallorquin", ein deftiger Kohleintopf mit Fleischeinlage, ist hoch im Kurs, und für den süßen Gaumen dürfen der traditionelle mallorquinische Mandelkuchen oder die süßen Teigschnecken, Ensaimadas, natürlich nicht fehlen. Und wer im September pünktlich zur Weinlese auf der Insel weilt, sollte Binissalem einen Besuch abstatten: Sorten wie Amina Negra sind so hochkarätig, dass man fast vergisst, dass Oliven- und Mandelbäume lange Zeit die Weinreben in Mallorca verdrängten.
Mallorca
Die Küche Mallorcas ist sehr deftig und hat als großen „Feiertag“ die Matanza. Damit ist das Schlachtfest gemeint, zu dem man Freunde, Verwandete und Nachbarn einlädt. Berühmt sind die mallorquinischen Wurstspezialitäten, die man übrigens meist gern gegrillt und mit frischem Brot zu sich nimmt. Bekannte Wurtsarten Mallorcas sind u.a. die pikante und fettreiche Streichwurst sobrasada mallorquina oder die butifarra, welche mit frischem Schweineblut verfeinert wird. Wer die sombrasada mit Lammfleisch mischt, erhält Cordero asado al estilo de Mahón, und wer stattdessen zu Spiegeleiern greift, kreiert unweigerlich die Huevos fritos al estilo de Soller. Typisch für Mallorca sind auch die Vielzahl von klaren Suppen mit einer Einlage aus Nudeln, Fisch oder Fleisch, sowie verschiedenste Varianten von Gemüse-Saucen.Tumbet
Must-Try: die Mallorcas Hauptspeise, das Pa amb óli. Damit ist Graubrot (pan negro) mit Knoblauch, Tomaten und viel Olivenöl gemeint, das aber auch noch mit Schinken und/oder Käse ergänzt werden kann.
Für alle Mutigen: In der Weihnachtszeit bieten immer mehr Restaurants den traditionell zu Hause zubereiteten Truthahn mit Nougatfüllung (Indiot de Nadal) an.
Darüber hinaus sehr zu empfehlen: Tumbet (Kartoffelscheiben mit Melanzani, Tomatensauce und Paprika), Cigala Mallorquina (Meeresfrüchte der Region), Rostit (gebackenes Schweinefleisch mit Brot, Eiern, Leber und Äpfeln), Pollo relleno de Granada (Geflügel mit Granatäpfeln), Pechuga de Pavo con Salsa de Almendras (Truthahnbrust mit Mandelsauce), Pichones en Salsa de Castañas (Tauben mit Kastaniensauce) und als Dessert Ensaimadas mit Vanillepudding.
Menorca
Menorcas Küche ist einfach und herzhaft, im Zweifelsfall kalorienreich und schmackhaft. Im Kochtopf vermischen sich Kulturen, die in der Geschichte unvereinbar blieben. Arabische und katalanische Grundrezepte erhalten einen pragmatischen britischen touch oder werden um eine feine französische Note bereichert. Gegessen wird, was die Felder und das Mittelmeer hergeben: typische Gemüse wie Tomaten, Artischocken, Bohnen oder Kartoffeln, dazu Wild, Lamm, Kalb, Schwein und viel frischer Fisch und andere Meeresfrüchte - alles bevorzugt zubereitet mit Knoblauch, Olivenöl und den aromatischen Kräutern der Insel, wie Thymian und Rosmarin.
Für alle Feinschmecker: Als Menorca-Menü der gehobenen Klasse bietet sich par excellence die caldereta an: Languste in zarter Gemüsebrühe (Zwiebel, zwei Knoblauchzehen, Tomate, Lauch, abgeschmeckt mit zwei Esslöffeln Kognak und etwas Petersilie).
Must-Know-Fact: die Mayonnaise aus Mahón (salsa mahonesa), deren Erfindung Menorca auf der ganzen Welt berühmt gemacht hat.
Ibiza
Das Meer macht Appetit, auf den Speisekarten der Restaurants schwimmt eine riesige Vielfalt an Seegetier obenauf. Wer sein kulinarisches Herz an Fisch verloren hat, kommt in Ibiza voll auf seine Kosten. Gerne kombiniert man Fisch und Krustentiere mit Reis, einem wichtigen Bestandteil der Mittelmeerküche - ob bei der Paella oder dem Reis nach Fischerart (arròs de pescador). Und wie bei einer typisch mediterranen Küche Pflicht, zählen auch in Ibiza Knoblauch und Olivenöl zu den Klassikerin der Gewürze, die sich in der beliebten Soße allioli vereinen. Zu Fisch- und Fleischgerichten reicht man übrigens gerne eine Soße bzw. Paste (picada) auf Öl-, Knoblauch- und Kräuterbasis, je nach Hausrezept mit Mandeln, Wein oder Petersilie zubereitet.
Für mutige Fischliebhaber: Katzenhai mit Zwiebelgemüse (gató am ceba), getrockneter Fisch, den man mitunter in dünne Streifen schneidet, um damit Salate anzureichern oder der Tintenfisch, der in der eigenen Tinte serviert wird, seien hier nur auszugsweise erwähnt. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt, oder?
Für alle Fleischfans: Wer Lust auf Fleisch verspürt, bekommt in erster Linie Schaf- bzw. Lammfleisch. Huhn, Lamm- und Schweinefleisch bilden die Grundlage für einen deftigen Bauerneintopf (sofrit pagès); mit hinein kommen Kartoffeln, Blutwurst (butifarra) sowie Schweins- und Paprikawurst (sobrasada).
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