Südmähren







Südmähren, ja klar, ganz klasse. Und weiter? Ja also… Eine Region, die bei den meisten zuerst wohlwollendes Kopfnicken verursacht, bei genauerem Betrachten aber nur ein Schulterzucken auslöst. Vom Süden Tschechiens, klar, davon hat man schon mal gehört, aber viel mehr weiß man auch nicht über die Region. Und das völlig zu Unrecht: Südmähren ist ein Land für alle Sinne: unterschiedliche, malerische Landschaften wie die Pollauer Berge oder die Auenwälder, duftende Wiesen und Wälder und natürlich die Aromen der Südmährischen Küche und des Südmährischen Weines, der hier seit fast 2000 Jahren angebaut wird.
Von West nach Ost durchfließt die Thaya das Land, durchschneidet zwischendrin das benachbarte Niederösterreich: Mähren, Slowakei, Hanna und Podhorácko - Südmähren umfasst eine vielzahl verschiedener ethnografischer Regionen, deren eigene Volkstradition selbstverständlich eigene regionale Küchenstile entwickelt haben. Was die südmährische Küche aber eint, ist die Einfachheit der Rezepte, typische regionale Zutaten waren und sind Kartoffeln, Graupen, Hülsenfrüchte und Mohnsamen. Letztere werden typisch mit süßen Nudeln gegessen - allerdings wird dieses traditionelle Rezept in Restaurants nicht angeboten… Um den Urgeschmack der südmährischen Küche kosten zu können, braucht man schon eine Mährische Großmutter, oder eben Mährische Freunde und Bekannte - eine Schande für Mähren, traurig für alle Besucher und ein Ansporn für jeden Genussmenschen, sich unters einheimische Volk zu mischen und kulinarische Bekanntschaften zu knüpfen.
Das Zusammenspiel von Sonne, Boden und Reben in Wein zu verwandeln, hat man sich in Südmähren schon seit Jahrhunderten zur Aufgabe gemacht. Obwohl Südmähren nur ein kleiner Punkt auf der Karte der internationalen Weingebiete ist, schätzt man die Region wegen der außergewöhnlichen Qualitätsweine mit langjähriger Tradition. Hier bieten unberührte Weinberglandschaften Momente der Stille, reichen Weinrieden bis zu den Kellerdächern und erzählen die Kellergassen bei halbgeöffneten Kellertüren bei Sonnenuntergang romantische Geschichten aus Weingläserklimperei, angetrunkenen Weingesprächen und ehrlichem Weinlachen. Der Weinbau konzentriert sich dabei vornehmlich um den Fluss Thaya, und das Gebiet um die Städte Velké Pavlovice, Mikulov , Znojmo, Hustopeče und Šatov - zusammen mit der Region Slovácko macht das 94 % der Rebfläche Tschechiens aus - Jawohl, richtig gehört! Produziert werden hervorragende Weißweine wie der Grüne Veltliner und nein, es ist kein Zufall, dass im benachbarten Niederösterreich derselbe Wein zu höchstem Genuss herangedeiht, wie bereits erwähnt, haben die Regionen nämlich die Lage an der Thaya gemeinsam. Daneben liebt man in Südmähren den Müller-Thurgau oder den Chardonnay. Die Anziehungskraft der mährischen Weine liegt vor allem in der Vielfältigkeit und Vollmundigkeit: So riecht zum Beispiel der Wein Svatovavrinecké víno von einem Weinberg nach Rosen, vom benachbarten nach getrockneten Pflaumen und vom dritten Weinberg vielleicht nach Erdbeeren.
Daneben hat man in Südmähren natürlich - wie überall in Tschechien - eine große Schwäche für Bier. Am besten besucht man für die Genüsse aus Malz und Hopfen Černá Hora: aus dieser Gegend stammt auch das gleichnamige Bier. Und auch das mährische Rauchfleisch, die mährische Gans und Ente sowie natürlich Gerichte des nationalen Volksschatzes wie Lendenbraten mit Sahnesauce, Schweinebraten mit Sauerkraut und Semmelknödel oder Bürgerliches wie Kaninchen dürfen nicht fehlen. Unbedingt die Sauerkrautsuppe in Südmähren probieren!
Bei einem Besuch in Südmähren muss Znaim, gelegen an einer Felszunge am linken, steil abfallenden Ufer der Thaya, natürlich auch auf die Liste der zu besichtigenden Orte. Warum, ist leicht erklärt: hierher stammen die Znaimer Gurken, eine der Spezialitäten der tschechischen Küche schlechthin, die in zahlreichen Rezepten mit dem Zunamen "Znaimer" ihren Geschmack ausleben dürfen. Beispielsweise im Znaimer Gulasch - Das Ursprungsland des Gulasch ist eigentlich Ungarn. Aber es gibt auch die suedmährische Variante, bei der Znaimer Gewürzgurken dem Gulasch einen besonderen Wohlgeschmack verleihen. Daneben spielt die Znaimer Gurke auch in Rezepten wie dem Znaimer Rostbraten, dem Znaimer Kotelette oder dem Znaimer Rindsschnitzel geschmacklich eine große Rolle. Insidertipp: Znaimer Gurken gelten auch als das Wundermittel gegen einen Kater. Nahe Znaim, in der Gemeinde Slup, findet übrigens Anfang September alljährlich ein Brotfest statt, auf dem es frisches Brot zu kosten gibt, dass sowohl in modernen Öfen als auch in einer militärischen Feldbäckerei gebacken wird. Tipp: Im Laufe des Festes sollten Sie sich auf keinen Fall das technische Denkmal, die Wassermühle Slup, entgehen lassen.
Zum Verköstigen laden auch die zahlreichen Volksfeste in Südmähren ein, bei denen man unbedingt vorbeischauen sollte - nicht zuletzt für ein kleines Rendezvous mit dem hervorragenden Silvovitz, einem Schnaps aus reifen Pflaumen mit Prädikat "homemade", der nur aus dieser einen Zutat hergestellt wird ohne Beifügung einer anderen. Viele schwören auf den Silvovitz auch als eine Art Heilmittel für alles.
Letztlich darf Brno als zweitgrößte Stadt Tschechiens nicht unbeschrieben und unbesichtigt bleiben. Im Herzen Südmährens, am Zusammenfluss von Svratka und Svitava, zwischen den Hügeln Spielberg (Špilberk) und Petersberg (Petrov), liegt Brünn. Zu besichtigen gibt es, puh, viel zu viel: der dreischiffige Dom St. Peter und Paul mit zwei schlanken Türmen auf dem Petersburg, die barocke Festung am Spielberg, das gotische Alte Rathaus mit reicher figuraler Ausschmückung, Kirchenbauten wie die Jesuitenkriche Mariä Himmelfahrt, die spätgotische Jakobskirche oder das Augustinerkloster mit Basilika in Altbrünn,… Man merkt's schon: über Brünns Sehenswürdigkeiten sollte man nicht schreiben, die sollte man sich anschauen. Und so steht es auch mit dem Rest Südmährens: Worte können nur einen Teil des Charmes, des Dufts und Geschmacks der Region einfangen, erst live vor Ort entfaltet sich die ganze Fülle und Tiefe des Südmährischen Zaubers.
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