Millirahmstrudel
Historisches
Während es sich beim Kaiserschmarren um eine eingewienerte Mehlspeise handelt, ist der Milchrahmstrudel, will man alten Kochbüchern Glauben schenken, tatsächlich eine authentische – zumindest ist er als »Mülch Raimb Strudl« im handschriftlich verfassten Wiener »Koch-Puech« von 1696 erstmals erwähnt. Berühmt wurde die süße Köstlichkeit allerdings nicht in Wien, sondern im kleinen Vorort »Breitenfurt bei Wien«, und das aus gutem Grund:
Als ein gewisser Franz Stelzer im Jahre 1875 den elterlichen Gasthof in Breitenfurt übernahm, war ihm die Liebe der Wiener zu Mehlspeisen bekannt, weshalb er sich auf die Zubereitung von Buchteln, Cremeschnitten, gebackenen Mäusen, Marmorgugelhupf und besagtem Milchrahmstrudel spezialisierte. Bald war sein aus Semmeln, Milch, Obers, Butter, Eiern, Rosinen, Zucker und Vanille hergestellter Strudel, der mit einer köstlichen Vanillesauce aufgetischt wird, weithin als der beste bekannt, und Stelzer ward fortan nur mehr »Milchrahmstrudelwirt« genannt. Am Wochenende fuhren die Kavaliere mit ihren Naschkatzen zu Scharen mit dem Fiaker hinaus in den Wienerwald – was damals einer kleinen Weltreise gleichkam und aus Sicht der Kavaliere durchaus beabsichtigt war –, um sich an Mehlspeisen und dem sprichwörtlich guten Müllirahmstrudel zu laben.
Es muss eine Situation gewesen sein, ähnlich einer solchen, wie sie Udo Jürgens in seinem Hit um die »Schlacht am Tortenbuffet« persifliert; Berge von üppigen Süßspeisen warteten auf mehr oder weniger hungrige Mehlspeistiger. Eines Tages saß der Wiener Publizist Ferdinand Kürnberger im Stelzerhof und beobachtete das bunte Treiben. Als der Kellner kam und ihn fragte, »ob denn die Mehlspeis' schon ang'schafft sei?«, antwortete er, erdrückt vom Anblick der üppigen Süßspeisen an all den Tischen ringsherum: »Als Mehlspeis' werde ich einen Hecht mit Sardellen nehmen!«
Das Stelzer-Gasthaus gibt es leider nicht mehr, und das Originalrezept hat Franz Stelzer mit ins Grab genommen, gleichwohl gibt es aber noch hervorragenden Milchrahmstrudel in Breitenfurt, und zwar im etwas oberhalb vom ehemaligen Stelzerhof (dem heutigem Brennerhof) gelegenem Gasthaus Kühmayer.
Der Milchrahmstrudel hat auch in Wien nach wie vor seinen Stellenwert, doch leider stammt der heute angebotene nahezu immer aus der Tiefkühltruhe eines Convenience-Herstellers. Wer den echten Alt-Wiener Milchrahmstrudel genießen will, der muss sich schon die Arbeit antun ihn selbst herzustellen.
Zutaten
(selbst hergestellt oder Fertigprodukt)
Für die Fülle:
(passiert)
Für den Überguss:
Für die Vanillecremesauce:
oder Maizena (Es kann auch Puddingpulver verwendet werden.)
Außerdem:
zum Bestreichen und für die Form
Zubereitung
Für die Fülle zuerst einmal sie Semmeln entrinden, kleinwürfelig schneiden und mit Milch befeuchten. Danach Butter mit Staubzucker, Eidottern, passiertem Topfen, Vanille sowie abgeriebener Zitronenschale sehr schaumig rühren, nach und nach den Sauerrahm und die Semmelwürfel unter die Masse heben, letztlich das Eiklar mit dem Kristallzucker zu steifem Schnee schlagen und ebenfalls locker unter die Masse heben.
Den Strudelteig auf einem bemehlten Tuch ausziehen, zwei Drittel davon mit der Füllmasse belegen, das restliche Drittel mit zerlassener Butter bepinseln. Rosinen auf der Füllung verteilen, evt. vorhandene Teigränder abschneiden und zu einem Strudel zusammenrollen. Eine Auflaufform gut ausbuttern, dann den Strudel hinein legen.
Für den Überguss die Milch mit Zucker und Ei verquirlen, zunächst nur ein Drittel davon über den Strudel in die Auflaufform gießen. Strudel in den auf 180-200 Grad vorgeheizten Backofen schieben und 45 Minuten backen, während dessen immer wieder mit der Zuckermilch begießen – der Milchrahmstrudel wird mehr gekocht, als gebacken. Den fertigen Strudel warm mit Vanillesauce servieren.
Für die Vanillesauce zwei Drittel der Milch mit Vanille aufkochen, dann die restliche Milch mit Zucker und Stärke glatt rühren und mit der Schneerute unter ständigem Schlagen in die kochende Milch einrühren und einmal aufkochen lassen; Sauce vom Herd ziehen, Obers mit Eidotter vermischen und die Sauce damit legieren.
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