Prügelkrapfen
Historisches
Als Krönung aller Krapfen galt schon im Mittelalter der „Prügelkrapfen“, ein wahres Meisterwerk der Backkunst. Nur wenige – zumeist bürgerliche Köchinnen – verstanden sich auf die kunstvolle und langwierige Herstellung dieser Spezialität, welche früher nahezu ausschließlich zu Hochzeiten und feierlichsten Anlässen zubereitet wurde.
Der Prügelkrapfen wurde im Mittelalter noch Spießkuchen genannt und mindestens zwei Personen waren gut zwei Tage mit seiner Produktion beschäftigt. Da heute niemand mehr diesen Zeitaufwand aufbringen möchte und auch das notwendige offene Feuer kaum mehr zur Verfügung steht, ist er nahezu „ausgestorben“. Nur noch im Österreichischen Freilichtmuseum in Stübing bei Graz, wo aus ganz Österreich alte Bauernhäuser und ihre Nebengebäude originalgetreu aufgebaut worden sind, findet man eine alte steirische Rauchkuchl, welche die einzig geeignete Feuerstelle für den Prügelkrapfen bietet.
Um das offene Feuer wird zunächst ein u-förmiges Mäuerchen aus Ziegelsteinen errichtet, auf dem die Halterungen für den Prügel fixiert werden. Der eigentliche Prügel ist für gewöhnlich aus einem glatten, harten, rundgedrehten, vierzig bis 50 Zentimeter langen Holz, das normalerweise unten 16 oben 10 Zentimeter Durchmesser hat, also konisch geformt ist (dadurch entwickelt der Prügelkrapfen beim Drehen seine typische Spiralform).
Dieser Prügel wird in Back- oder Schreibpapier eingehüllt, über das in ganz engen und gleichmäßigen Windungen ein 50-60 Meter langer Spagat gewickelt wird (allein dies ist schon eine gute Stunde Arbeit). Spagat und Prügel werden darauf hin sehr gut mit Butter eingefettet.
Zutaten
Zubereitung
Laut Katharina Pratos Kochbuch der Süddeutschen Küche wird der Teig wie folgt zubereitet: „Man rührt ein halbes Kilo sehr fein geriebenen Zucker mit 28 Dottern recht flaumig, mischt den Schnee der 28 Klar dazu, rührt die Mischung noch eine Stunde und mengt dann etwas Limonen- oder Vanillezucker und ein halbes Kilo Mehl darunter.“
Wenn der Teig fertig ist, wird der Spieß aufgesteckt und so lange erhitzt, bis sich das Papier gelblich färbt. Darauf wird erneut eingefettet und die erste Schicht Teig aufgebracht: dafür wird der Prügel mittels eines Schöpflöffels von der dicken Seite beginnend gegen die dünnere hin mit Teig, währenddessen der Spieß langsam und gleichmäßig gedreht wird, bis der Prügel vollkommen mit Teig überzogen ist. Dann wird etwas schneller gedreht, bis die Teigschicht lichtbraun gebacken ist. Wichtig ist, dass diese erste Grundschicht gut durchgebacken ist, sonst halten die anderen Schichten nicht richtig.
Hierauf wird auf die gleiche Weise mit Teig begossen und der Spieß gedreht, wobei sich Zacken bilden, die dem späteren Krapfen seine typische und eigentümliche Form verleihen. Um die Zackenbildung zu fördern, kann man den Teig hie und da mit gestiftelten Mandeln bestecken. Dieser Vorgang wird über sechs bis zehn Stunden hinweg regelmäßig wiederholt, bis aller Teig aufgebraucht ist. Wenn aller Teig aufgetragen wurde, wird der Prügelkrapfen bei milderer Kohlenhitze fertig ausgebacken. Während des gesamten Vorganges muss der Krapfen ständig gedreht werden.
Nun wird der Prügelkrapfen von der Glut genommen und mit Limonenglasur bestrichen, welche man an der Glut trocknen lässt. Schließlich schneidet man den Krapfen unten und oben ein wenig ab, windet den Spagat aus, stößt mit dem unteren Ende des Prügels gegen einen Widerstand, damit sich der Kuchen loslöst; dann erst wird der Krapfen vorsichtig vom Holz gezogen; zieht man hierbei zu schnell, können Teile des Krapfens herausgerissen werden oder das Backwerk platzen. Endlich das Papier herausnehmen, der Prügelkrapfen kann dann noch mit Eisfäden (Zuckerfäden) umsponnen werden.
Tipp
Besonders gut schmeckt der Prügelkrapfen, wenn er zwei Tage in einem feuchten, kühlen Raum gelagert wurde.
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