Historisches
Die Wiener Küche und ihr gesottenes Rindfleisch, bzw. Siedefleisch ist ein schier unüberschaubares Universum. Dieses Rezept wirkt sehr modern, klar und puristisch und doch ist es sehr traditionell. In Wien war man offenbar darauf bedacht, den Eigengeschmack des Fleisches nicht zu zerstören.
Es gab aber noch einen anderen Grund, warum Gewürze früher nur höchst selten den Weg in die Wiener Rindfleischküche fanden: Gewürze waren sehr teuer. Das Rindfleisch hingegen war bis ins späte 19. Jahrhundert - trotz seiner meist sehr guten Qualität - eine preiswerte Volksnahrung, die in manchen Haushalten mehr als fünf mal die Woche aufgetischt wurde. Es war ja zudem ein praktisches Essen: man hatte immer eine gute Suppe zur Hand (bis heute verzichten traditionell denkende Wiener Häferlgucker nicht auf ihre Suppe) und das Fleisch konnte über einen längeren Zeitraum warm gehalten werden.
Zutaten
2 bis 3 kg
Schulterscherzel
erstklassige Fleischqualität
1,5 kg
Fleischknochen
Markknochen
Meersalz
Zubereitung
Zunächst die Fleischknochen aufsetzten, aufkochen lassen, abspülen, in frischem Wasser aufsetzen und 4-5 Stunden langsam auskochen (am besten aber über Nacht). Zwischenzeitlich das Mark aus den Knochen drücken in kaltes Wasser legen. Die Markknochen selbst werden blanchiert.
Die Knochenbrühe abseihen. Die Markknochen mit der Öffnung nach oben (sie haben dann den Effekt eines Schornsteines, welcher bewirkt, dass das Wasser um das Fleisch herum zirkuliert) auf dem Boden des Topfes stellen, bei Bedarf einige Fleischknochen dazwischen geben, so dass alles recht fest steht. Die abgeseihte Knochenbrühe zum Kochen bringen, dann in den Topf geben und das Rindfleisch in die kochende Brühe einlegen – bei Bedarf soviel kochendes Wasser dazu geben, dass das Fleisch knapp bedeckt ist. Wenig salzen.
Hitze alsbaldig zurücknehmen und das Fleisch langsam (braucht etwa 2-3 Stunden) knapp unter dem Siedepunkt gar sieden. Das erstklassige Fleisch quer zur Faser aufschneiden und nur mit etwas Brühe benetzt sowie leicht gesalzen auftischen. Beilagen nach Wahl dazu reichen.
Tipp
1. Mitgekochtes Gemüse und vor allem Gewürze können den feinen Geschmack edlen Fleisches überdecken, ja zuweilen sogar zerstören. Daher wird hier für hochklassiges Rindfleisch empfohlen, dieses nur in einer Knochenbrühe gar zu sieden. Gemüse kann dann später separat in der entstandenen Brühe gegart werden.
2. Man kann natürlich - wie heute zumeist empfohlen - auch hier einige Pfefferkörner, ein Lorbeerblatt und eine halbe – an den Schnittflächen dunkel angeröstete – Zwiebel mitgaren, das verbessert aber nur den Geschmack der Brühe, nicht den des Fleisches.
3. Auch zu diesem puristischen Gericht werden die klassischen (reichhaltigen) Beilagen aufgetischt, wie z.B. Dillfisolen, Cremespinat, Erdäpfel-Schmarren, Apfelkren & Schnittlauchsauce sowie das Knochenmark mit gebähten Brotscheiben.
4. Wer eine gute Suppe will, nimmt sich etwas von der Brühe (etwa 1,2 Liter), seiht diese durch ein Etamin und kocht darin feinblättrig geschnittene Wurzelgemüse (Karotte, Gelbe Rübe, Sellerieknolle, Petersilienwurzel) weich. Kurz vor dem Servieren das geschnittene Mark einlegen. Suppe nach Geschmack salzen und pfeffern, dann mit Schnittlauchröllchen bestreut servieren. (Man kann gerne auch noch etwas fein geschnittenen Liebstöckel dazugeben.)
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