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Auwinkel

Schild
heißt eigentlich anders
In Anbetracht der heutigen Beliebtheit des Schweins ist man etwas verwundert, wenn in alten Kochbüchern wie etwa in Seleskowitz's »Wiener Kochbuch« (1879) das Schweinefleisch kaum mehr als ein Randthema darstellt. Tatsächlich wurde das Schwein bei der Kochbuchkäuferschicht – insbesondere den bürgerlichen Hausfrauen – wegen des möglichen Trichinenbefalls mit Skepsis betrachtet. Das Proletariat ging damit entspannter um und aß sehr wohl Schweinefleisch. Für die Arbeiter bedeuteten Schweinsgulasch, Schweinsbraten, gebratenes Selchfleisch, gekochte Selchripperln, Bauernschmaus, gebackene Schweinsohren, Pökelzunge oder Schweinsherz in Rahmsauce fast so viel Glück wie heute der gekochte Schweinskopf oder die Sulz zu Silvester. Reste wurden zu Bauernschnatterer, Durchmarsch oder Soßenfleisch verarbeitet. Und was sonst noch verwertbar war, kam nach dem Motto »Vom Schwein ist alles gut« in die Wurst. Es ist also kein Zufall, das Josef Weinhebers Phäake singt: »Zur Jause geh ich in die Stadt und schau, wer schöne Stelzen hat.«
Trotzdem haben »Feinschmeckerei« und »Adel« noch immer ein gespaltenes Verhältnis zum Schwein und akzeptierten dies allenfalls noch in Form eines zarten Spanferkels. Vielleicht ist es aber auch gar nicht das Schwein, das sie auf Distanz hält, sondern die damit einhergehenden Gewürze wie Zwiebel, Knoblauch und Kümmel, die bei den feinen Leuten bis heute nicht beliebt sind. Dennoch – oder vielleicht gerade deswegen – hat der Dichter Anton Wildgans in seinem Epos »Kirbisch« dem Schweinsbraten ein kulinarisch-literarisches Denkmal gesetzt, in dem ein knusprig-saftiger Braten von kümmel- und knoblauchgetränktem Saft umspült wird.
Im Mittelalter hatten sogar noch die Klöster eigene Schweinezuchten. Der Auwinkel ist da ein Beispiel, denn der hieß vor der 1862 vollzogenen Umbenennung »Sauwinkel« … weil bei der Dominikanerbastei ein Schweineschlachthof ansässig war.
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