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Bratelbrater

Gebäude
Durchlaucht brät ein
Wenn man durch die heutige Dietrichgasse schlendert, so erinnert nichts mehr an das historische Ereignis, das sich hier am 22. Dezember 1192 zugetragen hat. Niemand Geringerer als der sich inkognito auf der Heimreise befindliche Richard Löwenherz soll hier im damaligen Rüdenhof als Küchenjunge verkleidet den Bratenspieß gedreht haben. Aus Eitelkeit legte Löwenherz den königlichen Siegelring nicht ab, weshalb er vom Küchenmeister enttarnt und mit folgenden Worten festgehalten wurde: »Erlauchter Herr, Ihr seid zu fein, um in Wien hier einen Bratelbrater abzugeben. Euch ist etwas Besseres bestimmt. Ergebt Euch mir, Widerstand ist doch umsonst!« Herzog Leopold V. ließ den wertvollen Gefangenen nach Dürnstein schaffen. Nach mehrwöchigen Verhandlungen wurde Löwenherz gegen Zahlung eines horrenden Lösegeldes am 4. Februar 1194 freigelassen – Leopold gründete mit seinem Anteil in Höhe von 11.690 Kilogramm Silber die Wiener Neustadt. Zudem wurde in Wien der Graben restauriert, im Zuge dessen der geruchsintensive Markt entfernt und an seiner Stelle eine Art Gastrozeile geschaffen, wo sich bald neben hübschen Dirnen zahlreiche Bratelbrater ansiedelten.
Der Ausdruck Bratelbrater wurde früher für Betreiber einfacher Garküchen verwendet, in denen auf großen Drehspießen vor allem Würste, aber auch Henderln, Bratenstücke und Spanferkel vor offenem Feuer gebraten wurden. Sie gelten als die Vorläufer der Wiener Würstelstände.
Heute versteht man unter Bratelbrater Köche, die sich auf das Zubereiten herzhafter Braten spezialisiert haben. Bratenrezepte kennt man im fleischverliebten Wien viele, am beliebtesten sind knusprige Grillhenderln, zarter Schopfbraten und saftiges Bauchfleisch, das in Form eines ofenfrischen »Kümmelbratens« als Ikone der Wiener Braten-Küche bezeichnet werden darf. Und für so manchen Bratengeiger im feschen Bratenrock ist der schönste Lohn das Bratlfettnbrot!

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